COMPUTERWOCHE befragt Schulungsanbieter: Arbeitsamts-Chaos bei der Vergabe von Bildungsgutscheinen verhindert Weiterbildung von Arbeitslosen
München (ots)
Rudolf Helfrich, Chef der Deutschen Angestellten Akademie (DAA): 52.000 Schulungsteilnehmer weniger zwischen November 2002 und Februar 2003 / Unrealistische 70-Prozent-Regel
Die Integration von Arbeitslosen ins Berufsleben wird durch die Einführung von Bildungsgutscheinen zur Teilnahme an Weiterbildungen stark beschnitten: Dafür ist laut einer Befragung der IT-Fachzeitung COMPUTERWOCHE (Ausgabe 14/2003) unter Schulungsanbietern insbesondere die Willkür der Arbeitsämter bei der Vergabe der Gutscheine an "förderungswerte" Jobsuchende verantwortlich. So formuliert ein IT-Dozent: "Wenn fünf Arbeitslose mit vergleichbaren Abschlüssen und Lebensläufen zu fünf Beratern im gleichen Arbeitsamt gehen, kommen sie mit fünf unterschiedlichen Antworten heraus". In einigen Ämtern muss für den Erhalt eines Bildungsgutscheins sogar die Einstellungszusage vom künftigen Arbeitgeber vorliegen.
Für Rudolf Helfrich, Chef der Deutschen Angestellten Akademie (DAA), macht sich die entstehende Weiterbildungs-Misere schon jetzt an rückläufigen Teilnehmerzahlen bemerkbar: Zwischen November 2002 und Februar 2003 haben sich rund 52.000 Personen weniger an Schulungen beteiligt. Helfrichs Rechnung: "Wenn das so weitergeht, verabschieden wir im April 2004 den letzten Teilnehmer".
Kritik wird auch an der 70-Prozent-Regel laut, die von den Bildungsinstituten fordert, dass 70 Prozent der Teilnehmer ein halbes Jahr nach Beenden des Kurses nicht mehr auf Staatskosten leben, also einen Job gefunden haben. Alexander Spermann vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung hält die Regel für "an der Realität vorbeikonzipiert": Insbesondere bei Kursen in den neuen Bundesländern und bei Langzeitarbeitslosen sei schon eine Vermittlungsquote von 50 Prozent ein hervorragendes Ergebnis.
Dagegen kann Hans-Uwe Stern, zuständig für die Förderung der beruflichen Bildung bei der Bundesanstalt für Arbeit, die Aufregung um die neuen Bildungsgutscheine nicht verstehen. Er habe Gespräche mit Bildungsanbietern geführt, die die Einführung dieser Hürde begrüßten, weil damit im Bildungsmarkt endlich die Spreu vom Weizen getrennt werde.
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