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Wirtschaftskriminalität nimmt zu: Deutsche Unternehmen agieren immer noch zu sorglos

Frankfurt am Main (ots)

Aufgedeckte Straftaten kosten deutsche Unternehmen 6 Milliarden   
   Euro pro Jahr / PwC-Studie: Schäden in Emerging Markets sind 
   dreimal höher als im weltweiten Durchschnitt / Top-Manager werden 
   seltener angezeigt, erhalten dann aber höhere Strafen
Fast jedes zweite deutsche Unternehmen hat in den vergangenen zwei
Jahren Schäden durch Unterschlagung, Korruption oder andere Formen 
von Wirtschaftskriminalität erlitten. Besonders hoch ist das 
Kriminalitätsrisiko in den E7-Staaten China, Russland, Indien, 
Indonesien, Brasilien, Mexiko und der Türkei, wie aus der 
Repräsentativ-Studie "Wirtschaftskriminalität 2007" der 
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers
(PwC) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hervor geht.
Steffen Salvenmoser, Partner bei PwC im Bereich Forensic Accounting 
Services und ehemaliger Staatsanwalt, beschreibt die Dimensionen: 
"Der finanzielle Schaden je Delikt ist in den Schwellenländern 
beinahe dreimal größer als im weltweiten Vergleich. Umso 
erstaunlicher ist es, dass deutsche Unternehmen in den Emerging 
Markets weiterhin sorgloser agieren als ausländische Wettbewerber".
Aufgrund der Anzahl der an der Befragung beteiligten Unternehmen, 
kann eine Aussage über die Höhe des volkswirtschaftlichen Schadens 
gemacht werden, die erstmals über eine bloße Schätzung hinausgeht. 
Professor Kai Bussmann, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und 
Kriminologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: "Der 
Gesamtschaden, der deutschen Unternehmen allein durch die weltweit 
aufgedeckten Straftaten entsteht, beziffert die Studie auf jährlich 
gut sechs Milliarden Euro."
Der Anteil der geschädigten Befragten ist unverändert hoch und 
stieg von 46 Prozent im Untersuchungszeitraum 2003/2004 auf nunmehr 
49 Prozent. Salvenmoser erläutert die Ursachen: "Der Zuwachs ist 
nicht allein auf einen Anstieg der Kriminalität zurück zu führen, 
sondern auch auf effektivere Kontrollen in den Unternehmen. 
Erstaunlicherweise befürchten trotzdem nur 10 Prozent selber Opfer 
von Wirtschaftskriminalität zu werden."
Etwa jede dritte entdeckte Straftat wird nicht angezeigt, bei 
Korruption schalten deutsche Unternehmen sogar nur in jedem zweiten 
Fall die Staatsanwaltschaft ein. Dabei ist offenbar die Sorge um den 
Ruf des Unternehmens ein wichtiger Grund für die Zurückhaltung, zumal
nur die Hälfte der angezeigten Täter tatsächlich verurteilt wird.
Für den "Global Economic Crime Survey" befragte PwC weltweit 5.428
Unternehmen, darunter 1.166 in Deutschland. Die Erhebung ist damit 
die weltweit größte Studie dieser Art und wird bereits zum vierten 
Mal binnen acht Jahren durchgeführt. Sie umfasst alle entdeckten 
Straftaten von 2005 bis Frühjahr 2007 und ist damit umfassender als 
die Kriminalstatistik, die nur die zur Anzeige gebrachten Delikte 
berücksichtigen kann.
Industriespionage wird häufiger aufgedeckt
Deutsche Unternehmen haben in den Jahren 2005 und 2006 deutlich 
häufiger Fälle von Produktpiraterie und Industriespionage aufgedeckt.
Der Anteil der betroffenen Befragten stieg auf 18 Prozent, im 
Vergleich zu 13 Prozent im Zeitraum 2003/2004 beziehungsweise 8 
Prozent 2001/2002. Über Unterschlagung und Betrug berichteten 33 
Prozent der Unternehmen und damit ähnlich viele wie in den vorherigen
Zeiträumen, Korruptionsschäden entdeckten 10 Prozent der Befragten 
(2003/2004: 9 Prozent, 2001/2002: 6 Prozent).
Unterschätzte Risiken in Schwellenländern
In den E7-Staaten beliefen sich die gemeldeten Schäden inklusive 
der Managementkosten zur Schadenregulierung auf nahezu 4,4 Millionen 
Euro je Unternehmen. Demgegenüber entstanden in den übrigen Ländern 
durchschnittlich Schäden von 1,6 Millionen Euro. Dennoch 
berücksichtigen deutsche Unternehmen das Kriminalitätsrisiko bei 
Investitionen in Schwellenländern vergleichsweise selten.
Bei geplanten Investitionen in China beispielsweise setzten sich 
in der Vergangenheit nur 31 Prozent der deutschen Unternehmen mit dem
Thema auseinander, während dies 48 Prozent der Investoren aus anderen
Ländern taten. Gleichzeitig erlitten deutsche Unternehmen in China 
mit durchschnittlich 3,66 Millionen Euro deutlich höhere finanzielle 
Verluste durch Wirtschaftskriminalität als Investoren aus der übrigen
Welt (1,33 Millionen Euro).
Kontrolldefizite bleiben bestehen
Im internationalen Vergleich haben deutsche Unternehmen bei der 
Kriminalitätsbekämpfung weiterhin Nachholbedarf. Claudia Nestler, 
Partnerin bei PwC im Bereich Forensic Services: "Im Ausland werden 
strafbare Handlungen viel häufiger durch systematische Kontrollen 
aufgedeckt". Dennoch hält fast die Hälfte (47 Prozent) der Befragten 
in Deutschland in den kommenden zwei Jahren keine größeren 
Veränderungen der Kontrollinfrastruktur für notwendig, während in 
Westeuropa 35 Prozent und in Nordamerika nur 19 Prozent der 
Unternehmen dieser Ansicht sind.
Auch in Schwellenländern agieren deutsche Unternehmen 
vergleichsweise sorglos. So haben beispielsweise in China nur 39 
Prozent der deutschen Befragten ihre Kontrollmaßnahmen in den 
vergangenen zwei Jahren intensiviert, aber 53 Prozent der anderen 
ausländischen Unternehmen. Gleichzeitig sehen 41 Prozent der 
deutschen Unternehmen für die nächsten zwei Jahre keinen 
Handlungsbedarf, während im internationalen Vergleich nur 25 Prozent 
der Unternehmen diese Auffassung teilen.
Ethik-Richtlinien wirken
Noch deutlicher als bei der Kontrolle treten die Defizite 
deutscher Unternehmen bei der Kriminalitätsprävention zu Tage. 
Ethik-Richtlinien haben zwar mittlerweile 61 Prozent der Befragten, 
aber nur 37 Prozent verfügen über ein Compliance-Programm. In 
Nordamerika hingegen sind ethische Richtlinien nicht nur bei 94 
Prozent der Unternehmen vorhanden, sie werden auch deutlich häufiger 
durch ein Compliance-Programm überwacht (73 Prozent).
Die Studienergebnisse belegen zudem, dass derartige Regelwerke 
wirken. So wurden weltweit nur 38 Prozent der Unternehmen mit 
Ethik-Standards und Compliance-Programmen Opfer von 
Wirtschaftskriminalität, in der Vergleichsgruppe ohne entsprechende 
Präventionsmaßnahmen erreichte der Anteil 54 Prozent. Nestler  rät: 
"Deutsche Unternehmen könnten die Schäden durch Kriminalität deutlich
senken, wenn sie ihre Vorbehalte gegenüber Präventionsprogrammen 
aufgeben und ihre Unternehmenskultur entsprechend verändern würden".
Jeder zweite Täter kommt aus dem Unternehmen
Für eine stärkere Kriminalitätsprävention in den Unternehmen 
spricht auch, dass knapp jede zweite Straftat von den eigenen 
Mitarbeitern begangen wird. Die übrigen Täter stehen in der Regel als
Kunden, Lieferanten oder Geschäftspartner in Kontakt mit dem 
betroffenen Unternehmen, Straftaten durch Unbekannte sind eher 
selten.
Der typische Wirtschaftskriminelle in Deutschland ist ein Mann (87
Prozent der Täter), zwischen 30 und 50 Jahre alt (79 Prozent) und 
seit mehr als sechs Jahren im Unternehmen beschäftigt (57 Prozent). 
Knapp ein Drittel der Täter ist sogar schon länger als zehn Jahre 
angestellt gewesen. Etwa 20 Prozent der Täter kommen aus dem 
gehobenen Management, weitere 25 Prozent aus der mittleren 
Führungsebene.
Top-Manager bleiben häufiger straffrei
Auffällig ist, dass Täter aus dem Top-Management in Westeuropa 
deutlich seltener mit einer Strafanzeige rechnen müssen (40 Prozent 
der Deliktsfälle) als Beschäftigte unterhalb der Führungsebenen (61 
Prozent). In Deutschland ist eine derart unterschiedliche Behandlung 
zwar nicht zu beobachten, allerdings geben 23 Prozent der deutschen 
Unternehmen an, dass sie gegen Täter aus der oberen Führungsebene in 
gut jedem fünften Fall sowohl auf Anzeige und Klage als auch auf 
interne Sanktionen wie Abmahnung, Kündigung oder Versetzung 
verzichtet haben. Kriminelle Handlungen des mittleren Managements und
anderer Beschäftigter blieben demgegenüber nur in fünf bzw. drei 
Prozent der Fälle für den Täter folgenlos.
Kommt es jedoch zum Prozess, können Führungskräfte vor Gericht 
keineswegs auf eine Vorzugsbehandlung hoffen. Vielmehr wurden 
Freiheitsstrafen deutlich häufiger gegen Senior- und Top-Manager 
verhängt (62 Prozent) als gegen andere Beschäftigte (31 Prozent).
Die Studie kann unter  karim.schaefer@de.pwc.com angefordert 
werden.
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Steffen Salvenmoser
PricewaterhouseCoopers AG WPG 
Tel.: (069) 95 85 - 55 55 
E-mail:  steffen.salvenmoser@de.pwc.com
Claudia Nestler
PricewaterhouseCoopers AG WPG 
Tel.: (069) 95 85 - 55 52 
E-mail:  claudia.nestler@de.pwc.com
Prof. Dr. Kai-D. Bussmann
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 
Juristische Fakultät / Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie 
Institut für Wirtschaftsrecht 
Tel.: (0345) 55 23 - 116 
E-mail:  bussmann@jura.uni-halle.de
Redaktionshinweis:
Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist 
in Deutschland mit 8.390 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von 
rund 1,35 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für 
nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet 
Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und 
prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie
in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung 
(Advisory).

Pressekontakt:

Karim Schäfer
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Corporate Communications / Presse
Tel.: (069) 95 85 - 15 64
E-mail: karim.schaefer@de.pwc.com

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