Piraten greifen mehr deutsche Schiffe an - Fast jeder zweite Reeder ist betroffen
Frankfurt am Main (ots)
PwC-Umfrage: Neue Belastungen durch "Deepwater Horizon" / Umwege und höhere Versicherungsprämien lassen Kosten steigen / Branche profitiert von Konjunkturaufschwung
Piraten nehmen immer häufiger deutsche Schiffe ins Visier. Innerhalb von nur zwölf Monaten hat sich der Anteil der Reedereien, deren Flotte mindestens einmal von Seeräubern angegriffen wurde, von 20 Prozent auf 42 Prozent mehr als verdoppelt. Bei drei von vier Betroffenen wurden Schiffe im Laufe der vergangenen zwölf Monate attackiert, und bei mehr als jedem zweiten Reeder griffen Piraten zum wiederholten Male an, wie aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) unter 101 deutschen Unternehmen der Seeschifffahrt hervor geht.
"Die Sicherheitslage auf wichtigen Schifffahrtsrouten hat sich offenbar auch gut ein Jahr nach Beginn der Marineoperationen von EU und NATO kaum verbessert. Für den Schutz ihrer Schiffe sorgen in erster Linie die Reeder selbst, was die Transportkosten in die Höhe treibt", kommentiert Claus Brandt, Partner und Leiter des maritimen Kompetenzcenters bei PwC.
Die "Operation Atalanta", mit der die EU seit Dezember 2008 die Transportwege am Horn von Afrika und vor der Küste Somalias militärisch abzusichern versucht, halten nur 40 Prozent der befragten Reeder für erfolgreich. Besonders kritisch sehen die Befragten allerdings Versuche, sich Sicherheit auf den Seewegen zu erkaufen. So sind drei von vier Reedern der Ansicht, dass vereinzelte Lösegeldzahlungen für gekaperte Schiffe das Piraterieproblem lediglich "verschärft und verteuert" haben.
Für die Studie, die PwC im Vorfeld des maritimen Gipfels der Bundesregierung am 5. Juli veröffentlicht, wurden nunmehr zum zweiten Mal nach 2009 deutsche Reedereien zu den Auswirkungen der internationalen Seepiraterie und den allgemeinen wirtschaftlichen Erwartungen für die Branche befragt. Gut jedes dritte Unternehmen erwirtschaftet einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro.
Teure Piraten-Abwehr
Auch wenn bislang nur wenige deutsche Schiffe von Piraten gekapert wurden, sind die indirekten Kosten der Piraterie erheblich. Knapp sieben von zehn Befragten sind der Ansicht, dass die wirtschaftliche Belastung durch das Piraterie-Risiko in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen ist, gerade einmal drei Prozent sehen eine Entspannung der Lage.
So lassen mittlerweile gut vier von zehn Reedern ihre Schiffe große Umwege fahren, um gefährliche Gewässer zu vermeiden. In der Umfrage von 2009 gaben dies nur 21 Prozent der Befragten zu Protokoll. Über (nochmals) gestiegene Versicherungsprämien berichten 62 Prozent der Reedereien (2009: 52 Prozent), und gut jede fünfte zahlt mittlerweile zusätzliche Heuer für Sicherheitsdienste an Bord (2009: 12 Prozent).
Hinzu kommen bei gut jedem zweiten Reeder Investitionen in Mannschaftsschulungen oder auch bauliche Veränderungen zum Schutz vor Piratenüberfällen. Verbreitet sind beispielsweise Stacheldrahtzäune und Hochdruck-Wasserkanonen an Bord. Dennoch hat mittlerweile gut jeder vierte Befragte Schwierigkeiten, Personal für riskante Routen zu finden - im Vorjahr stimmte dieser Aussage erst jeder fünfte Reeder zu.
Aufschwung lässt Auslastung steigen
Während die Piraterie zunehmend Sorgen bereitet und nicht alle aus der Wirtschaftskrise resultierenden Probleme gelöst sind, blicken die deutschen Reeder dennoch positiv in die Zukunft. Bei vier von fünf Reedern ist die Flotte wieder voll ausgelastet, vor Jahresfrist war dies nur bei jedem zweiten Befragten der Fall.
Auch die Konjunkturaussichten für die kommenden zwölf Monate sind nach Einschätzung der Reedereien überwiegend freundlich. So rechnen fast 80 Prozent mit höheren Charterraten (2009: 37 Prozent) und knapp 70 Prozent mit höheren Frachtraten (2009: 42 Prozent). In Folge der steigenden Auslastung erwarten zudem 62 Prozent der Befragten mehr Beschäftigung in ihrem Unternehmen (2009: 25 Prozent). Demgegenüber befürchtet nur jede zehnte Reederei einen (weiteren) Stellenabbau.
Im Zuge der Wirtschaftskrise hatte jede zweite Reederei in den vergangenen zwölf Monaten Schiffe aufgelegt, also zumindest vorübergehend außer Dienst gestellt. Gut vier von zehn Befragten (44 Prozent) haben Bauaufträge verschoben oder storniert, und jede vierte Reederei musste Mitarbeiter entlassen.
Weiterhin schwierig bleiben allerdings die Finanzierungsbedingungen. So verlangten die Banken seit Jahresbeginn bei der Schiffsfinanzierung von 43 Prozent der Reeder nach Vertragsschluss weitere Sicherheiten, während dies in der Umfrage von 2009 nur 22 Prozent der Befragten angaben. Die durchschnittliche geforderte Eigenkapitalquote stieg von 38,4 Prozent auf 41,9 Prozent im Jahr 2010. Zudem sind über 70 Prozent der Reeder der Überzeugung, dass die Banken einen höheren Zinsaufschlag als vor Jahresfrist verlangen.
"Kreditinstitute und Investoren bewerten die Chancen und Risiken von Schiffsfinanzierungen offenbar deutlich vorsichtiger als vor Beginn der Finanzkrise. Trotz der anziehenden Branchenkonjunktur bleiben daher viele Reedereien auf Konsolidierungskurs", erläutert Brandt. So sind sechs von zehn Befragten der Ansicht, dass sie ihre Finanzierungskonzepte in den kommenden zwölf Monaten weiter anpassen müssen. Gut die Hälfte der Reeder (55 Prozent) will die Liquidität des Unternehmens verbessern, und knapp jeder zweite Befragte erwägt die Zurückstellung von Investitionen.
Risikofaktor "Deepwater Horizon"
Unerwartete Belastungen drohen der Branche möglicherweise als Folge der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko. Die Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" wird nach Einschätzung von knapp 70 Prozent der Befragten zu verschärften Umweltschutzauflagen für die maritime Wirtschaft insgesamt führen. Vier von fünf Reeder erwarten zudem strengere Sicherheitsvorschriften für die Schifffahrt.
Die Senkung des Treibstoffverbrauchs und der Schadstoffemissionen ist bereits heute für drei von vier Befragten ein wichtiges Thema. Klimafreundliche Antriebsformen, beispielsweise durch den Einsatz von Windsegeln und -rotoren zur Unterstützung der konventionellen Dieselmotoren, halten allerdings 90 Prozent der Reeder auf absehbare Zeit für keine Alternative.
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