Das Gesundheitssystem geht an den Bedürfnissen alter Menschen vorbei
Main (ots)
- Die Versorgung alter Menschen macht Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen nötig - Behandlung beschränkt sich auf das Kurieren von Krankheiten und geht an den Bedürfnissen vieler Senioren vorbei - Alternative: Betreuung mit geriatrisch geschulten Teams - Neue Vergütungsmodelle können sinnvolle Anreize setzen
Unser Gesundheitssystem in seiner derzeitigen Form genügt nicht den Bedürfnissen alter Menschen. Um sie richtig zu versorgen und ihnen ein möglichst aktives Leben zu ermöglichen, ist ein Paradigmenwechsel hin zu einer integrierten Pflege nötig, wie die Studie "Connected and coordinated: Personalised service delivery for the elderly" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zeigt. "Bei alten Menschen ist das Verständnis von Gesundheit individuell sehr verschieden. Was die einen als Krankheit empfinden, die behandelt werden sollte, betrachten andere als altersbedingte Beschwerden, die sie für sich akzeptieren. Für sie zählt vor allem, trotz aller Handicaps so normal und selbstbestimmt wie möglich zu leben", sagt Michael Burkhart, Partner bei PwC und Leiter des Bereichs Healthcare und Pharma. "Sie benötigen deswegen Hilfe für Dinge, die sie nicht mehr selbst schaffen. Dann jedoch können sie ihr verbleibendes Potenzial voll ausschöpfen. Unser Gesundheitswesen bietet da kaum Unterstützung und fragt alte Menschen nicht nach ihren Bedürfnissen."
Integrierte Pflege statt stationärer Aufenthalte
In Europa wird sich der Anteil der Menschen, die älter als 65 Jahre sind, von derzeit 25,9 Prozent auf 35,9 Prozent im Jahr 2030 erhöhen. Schon heute sind dort die Pro-Kopf-Ausgaben bei den 66-bis 86-Jährigen infolge vermehrter Krankenhaus-Aufenthalte fast doppelt so hoch wie bei jüngeren Patienten. Die Akteure des Gesundheitswesens sind sehr spezialisiert und arbeiten getrennt voneinander - ein unübersichtliches System, das zu Doppel- und Dreifachuntersuchungen führt und damit unnötige Mehrkosten verursacht. "Unser System ist auf das Kurieren von Krankheiten fixiert - häufig verbunden mit stationären Aufenthalten. Viel sinnvoller wäre stattdessen eine integrierte Pflege, die es ermöglicht, stationäre Aufenthalte zu verkürzen und Hilfestellung im Alltag zu geben", so Burkhart.
Feste Sätze pro Person lassen Gestaltungsspielräume
Um das Gesundheitssystem angesichts des demografischen Wandels dauerhaft zu finanzieren, empfehlen die PwC-Experten alternative Vergütungssysteme wie beispielsweise pauschale Vorauszahlungen pro Versichertem (Capitation): So könnten Netzwerke ambulanter Dienstleister über mehrere Jahre hinweg die gesundheitliche Versorgung einer gewissen Gruppe von Menschen übernehmen, für die sie feste Sätze pro Person erhalten. Wie sie das Budget am besten einsetzen, bleibt der fachlichen Einschätzung der Pflegeteams vor Ort überlassen: Je besser die Qualität der Betreuung, je besser die Prävention, desto weniger Kosten fallen langfristig an.
"Solche Modelle erhöhen den Anreiz, medizinische Leistungen optimal zu vernetzen, Älteren zu mehr Selbständigkeit zu verhelfen oder Vorsorgeprogramme aufzulegen" so Burkhart. Erste Modelle, die in diese Richtung zielen, gibt es bereits: Das Gesunde Kinzigtal ist eine GmbH, die 31.000 Versicherte der AOK und LKK Baden-Württemberg betreut. Die Krankenkassen zahlen für sie vorab einen Abschlag. Falls Qualität und Prävention zu geringeren Gesamtkosten für die Versicherten führen als im bundesdeutschen Schnitt, erhält dieses Netzwerk aus Ärzten, Therapeuten und Kliniken einen Anteil der erreichten "Gesundheitsdividende".
New Entrants und Digitalisierung eröffnen neue Möglichkeiten Branchenfremde Anbieter, die "New Entrants" des zweiten Gesundheitsmarktes, sowie die Digitalisierung eröffnen zudem neue Möglichkeiten, die einer ambulanten Versorgung entgegenkommen. Mit der entsprechenden technischen Ausstattung könnten ältere Menschen und ihre Angehörigen ihre Daten selbst aufbewahren, Atteste, Rezepte und Unterlagen lassen sich digital übermitteln. E-Health-Systeme erleichtern die Überwachung der Vitalwerte oder erinnern Patienten daran, ihre Medikamente einzunehmen.
Zufriedenheit der Bewohner als Maßstab für Vergütung
"Die Versorgung alter Menschen macht einen Paradigmenwechsel im Gesundheitssystem nötig", resümiert Michael Burkhart. "Auch hier gilt das Sprichwort: You get, what you pay for. Wir müssen uns entscheiden, ob wir bei der Versorgung unserer alten Menschen weiterhin für den zeitlichen Aufwand - ungeachtet des Ergebnisses - zahlen oder für Qualität. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, für Gesundheit und Zufriedenheit zu bezahlen! Denn es gibt - das zeigt ein Benchmarking von PwC - eine Korrelation zwischen hoher Zufriedenheit von Mitarbeitern und Patienten und dem wirtschaftlichen Erfolg. Unser Ziel muss eine solche Win-win-win-Situation für Betreute, Pfleger und Betreiber der Gesundheitseinrichtung sein!"
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