Befragung zeigt große Zustimmung für Begrenzung von Arzneimittel-Preisen und für Steuerzuschüsse zur Stabilisierung der GKV
Berlin (ots)
Laut einer repräsentativen Online-Befragung im Auftrag des AOK-Bundesverbandes sind knapp 80 Prozent der gesetzlich Versicherten der Meinung, dass die Bundesregierung nicht genug tut, um die Bevölkerung angesichts steigender Lebenshaltungskosten infolge steigender Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und wachsender Energiekosten zu entlasten. Die Pläne der Ampel zur weiteren Belastung der Beitragszahlenden stoßen in der Bevölkerung auf große Ablehnung: 84 Prozent der GKV-Mitglieder finden es falsch, das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 17 Milliarden Euro vor allem über höhere Beiträge auszugleichen, nur 9 Prozent äußern Zustimmung.
"Die Ergebnisse zeigen, dass die Bundesregierung hier dringend handeln sollte", sagt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. "Maßnahmen zur Vermeidung steigender Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung müssen Teil des Entlastungspaketes werden, das die Ampel aktuell plant. Es darf nicht sein, dass zur finanziellen Belastung infolge steigender Energiepreise und galoppierender Inflation nun auch noch politisch forcierte Anhebungen des Zusatzbeitrages kommen", so Reimann. Durch den Abbau von Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen werde die Krankenversicherung von der Politik darüber hinaus noch weiter geschwächt.
Breite Zustimmung für mehr Preisregulierung bei Arzneimitteln
Bei der Frage, welche Maßnahmen vorrangig ergriffen werden sollten, um die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen zu stabilisieren, schneiden höhere Beiträge (knapp 8 Prozent Zustimmung), Leistungskürzungen für Versicherte (knapp 6 Prozent) und Zuzahlungen der Versicherten (4 Prozent) am schlechtesten ab. Die höchste Zustimmung gibt es für eine stärkere Preisregulierung bei Arzneimitteln, die 62 Prozent der gesetzlich Versicherten als vorrangige Maßnahme sehen. Auf dem zweiten Platz steht die stärkere Bezuschussung der gesetzlichen Krankenkassen durch Steuermittel (42 Prozent), auf dem dritten der Verzicht auf eine Anhebung der Vergütung von Ärztinnen und Ärzten (27 Prozent Zustimmung). "Wir fühlen uns in unseren Forderungen nach einer stärkeren Begrenzung der stetig steigenden Ausgaben für Arzneimittel und nach einem stärkeren Engagement des Bundes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassen bestätigt", kommentiert AOK-Vorständin Carola Reimann die Ergebnisse. Der Bund müsse seiner Finanzverantwortung gegenüber der GKV gerecht werden - insbesondere durch die Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten höheren Beiträge für ALG-II-Beziehende.
Mehr als 80 Prozent für Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel
Auch auf der Ausgabenseite müssten die aktuellen Pläne des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (FinStG) noch nachgebessert werden, fordert Reimann. "Wir fordern, dass die Mehrwertsteuer auf Humanarzneimittel wie bei den Tierarzneimitteln von 19 auf 7 Prozent abgesenkt wird. Dadurch könnten die gesetzlichen Krankenkassen sofort 5 bis 6 Milliarden Euro pro Jahr sparen." Eine solche Maßnahme findet auch breiten Rückhalt in der Bevölkerung: In der Civey-Befragung erklärten 83 Prozent der befragten GKV-Versicherten, dass der Mehrwertsteuersatz auf Humanarzneimittel ihrer Meinung nach von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden sollte, um die gesetzlichen Krankenkassen zu entlasten. "Wir setzen darauf, dass es hier noch Nachbesserungen geben wird", so Reimann.
Nur geringes Vertrauen in Zukunft des Sozialversicherungssytems
Knapp zwei Drittel der gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherten haben laut der Civey-Befragung nur geringes Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des deutschen Sozialversicherungssystems. 64 Prozent der Befragten gaben an, ihr Vertrauen sei "eher gering" oder "sehr gering". Nur 15 Prozent der gesetzlich Versicherten erklärten, sie hätten "eher großes" oder "sehr großes" Vertrauen. "Die Ergebnisse zeigen die große Unsicherheit der Menschen in Bezug auf die weitere Perspektive der sozialen Absicherung im Krankheitsfall oder bei Pflegebedürftigkeit. Die Verunsicherung liegt wie ein Schatten über der gesamten Sozialversicherung. Angesichts wachsender Defizite und der strukturellen Unterdeckung in der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist die Skepsis der Menschen nachvollziehbar, aber das Ausmaß des Vertrauensverlustes ist erschreckend", sagt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. Populär ist die Zusage des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach, auf Leistungskürzungen für gesetzlich Versicherte zu verzichten: 82 Prozent der Befragten sind mit diesem Kurs einverstanden und lehnen Leistungskürzungen aufgrund des aktuellen Finanzierungsdefizites ab.
Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat zwischen dem 18. und dem 20. August 2022 im Auftrag des AOK-Bundesverbandes insgesamt 5.000 Personen befragt. Die Ergebnisse der Online-Befragung sind repräsentativ für die Einwohner der BRD ab 18 Jahren. Der statistische Fehler der Gesamtergebnisse liegt bei 2,5 Prozent.
Hinweis für die Redaktionen: Die Detailergebnisse der Befragung finden Sie zum Download unter www.aok-bv.de .
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