Wissenschaftliches Institut der AOK: Jeder dritte Arbeitnehmer klagt über psychische Belastungen
Bonn (ots)
Nach einer heute veröffentlichten Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) stellen psychische Belastungen am Arbeitsplatz für viele Beschäftigte ein erhebliches Problem dar. Befragungsergebnissen zufolge belaste insbesondere die in vielen Betrieben zunehmende Arbeitsintensität viele Mitarbeiter. Fast jeder Dritte leide stark unter Hektik, Zeit- und Termindruck. Mehr als jeder Vierte erlebe das geforderte Arbeitstempo und den Leistungsdruck, dem er sich am Arbeitsplatz ausgesetzt sieht, sogar als sehr belastend.
Die Studie des WIdO basiert auf Ergebnissen aus zahlreichen Mitarbeiterbefragungen, die in den letzten Jahren im Rahmen von Gesundheitsprojekten der AOK durchgeführt wurden. Bundesweit wurden mehr als 30.000 Arbeitnehmer befragt. Damit gibt die Studie einen umfassenden Einblick in das Verhältnis von Arbeit und Gesundheit aus Sicht der Beschäftigten.
Trotz des Trends zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft und den daraus resultierenden veränderten Anforderungen, spielten nach wie vor auch körperliche Belastungsfaktoren an vielen Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle. Dies gelte insbesondere für das produzierende Gewerbe. Mehr als jeder fünfte Befragte fühlt sich durch schwere körperliche Arbeit stark belastet. Auch einseitige körperliche Beanspruchungen, wie ständiges Stehen (31%) seien weit verbreitet.
Trotz der vielfältigen Belastungen wird die Arbeit von den meisten Beschäftigten jedoch insgesamt positiv bewertet. Auch das Betriebsklima wird hinsichtlich des Verhältnisses zu den Kollegen überwiegend positiv beurteilt. Das Gros der Befragten (81%) fühlt sich in der Regel von den Kollegen am Arbeitsplatz anerkannt und kann mit der Unterstützung der Kollegen rechnen, wenn Hilfe benötigt wird. Der Umgangsstil zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern wird von der Mehrheit der Befragten als kollegial bewertet. Bemängelt wird allerdings, dass häufig die Vorgesetzten zu wenig Zeit haben für die Anliegen der Mitarbeiter. Auch fehlt es oft an ausreichender Anerkennung und Förderung.
Bei den gesundheitlichen Beschwerden, dominieren Muskel- und Skeletterkrankungen. Fast jeder Zweite (47%) leidet häufig unter Rückenschmerzen. Besorgnis erregend sei, dass dies auch bereits für ein Drittel der Befragten unter 20 Jahren gelte. Weiter klagt ein erheblicher Teil der Befragten über Befindlichkeitsstörungen und psychovegetative Probleme. Fast jeder Dritte leidet häufig unter Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Auch Stresssymptome wie Nervosität, Unruhe und Reizbarkeit seien weit verbreitet.
Die zehn häufigsten gesundheitlichen Probleme werden von mindestens jedem zweiten Befragten in Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz gebracht. Insbesondere bei Stresssymptomen, Befindlichkeitsstörungen und muskulo-skelettalen Beschwerden spielen aus Sicht der Befragten arbeitsbedingte Einflüsse häufig eine Rolle.
Mehr als jeder Fünfte (22 %) der befragten Arbeitnehmer ist der Ansicht, dass seine gesundheitlichen Beschwerden durch Veränderung der Arbeitsbedingungen reduziert werden könnten. 44% halten dies zumindest teilweise für möglich. Bei den von den Befragten vorgeschlagenen Verbesserungen der gesundheitlichen Situation am Arbeitsplatz spielt das Verhältnis zum Vorgesetzten eine zentrale Rolle. 34% wünschen sich "mehr Einsatz der Vorgesetzten für die Mitarbeiter". Mehr als jeder Fünfte hält klärende Gespräche mit den Vorgesetzten für sinnvoll und wünscht sich ein anderes Vorgesetztenverhalten. Daneben werden vor allem gesundheitsbezogene Angebote wie "Informationen über gesundes Verhalten am Arbeitsplatz" (34%) und "Gesundheitskurse für Mitarbeiter" (24%) als Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation am Arbeitsplatz vorgeschlagen. Als weitere Maßnahmen werden von etwa jedem fünften Befragten technische Verbesserungen und Hilfen sowie eine andere Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung für sinnvoll gehalten. 17% der Befragten halten Verbesserungen im Bereich des Nichtraucherschutzes für erforderlich.
Der AOK-Service Gesunde Unternehmen unterstützt Betriebe dabei, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu identifizieren und abzubauen. AOK-Spezialisten führen auf Wunsch betriebsbezogene Analysen zum Krankenstand und Mitarbeiterbefragungen im Unternehmen durch. Sie entwickeln gemeinsam mit dem Unternehmen auf die betrieblichen Bedürfnisse abgestimmte, qualitätsgesicherte Gesundheitsangebote. Zudem leistet die AOK Unterstützung bei der Dokumentation und Erfolgskontrolle der eingeleiteten Maßnahmen.
Christian Vetter, Alexander Redmann: Arbeit und Gesundheit - Ergebnisse aus Mitarbeiterbefragungen in mehr als 150 Betrieben; WIdO-Materialie Bd. 52, Bonn 2005; ISBN 3-922093-36-1
Die Grafiken sind abrufbar unter www.wido.de
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