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Bundesärztekammer

Hörschädigungen bei Kindern nehmen zu

Köln (ots)

Kinder und Jugendliche leiden immer häufiger unter
Hörschäden. Ursache hierfür sei vor allem die Zunahme von 
Freizeitlärm, erklärte Prof. Dr. Hans-Peter Zenner, Direktor der
Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) in
Tübingen auf dem 24. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer
in Köln. So halten sich Jugendliche heute extrem lang in Diskotheken
auf: Während Anfang der 80er Jahre ein Besuch im Schnitt 2,5 Stunden
dauerte, erstreckt er sich heute fast über fünf Stunden. Die
Lärmpegel, denen die Jugendlichen dabei ausgesetzt sind, liegen mit
teilweise bis zu 110 Dezibel weit im gehörschädigenden Bereich, der
bereits bei 85 Dezibel einsetzt. "Bei den gegebenen
Musikhörgewohnheiten der 15jährigen ist nach zehn Jahren bei ca. zehn
Prozent der Jugendlichen ein musikbedingter mittlerer Hörverlust von
zehn Dezibel zu erwarten", warnte Prof. Dr.-Ing. Hartmut Ising vom
Umweltbundesamt in Berlin.
Andere Arten von Freizeitlärm können ebenfalls zu Hörschäden
führen, wie Spielzeugpistolen, die oft einen Pegel von mehr als 135
Dezibel bei einem Meter Entfernung erreichen, und Knackfrösche, die
ans Ohr gehalten werden und dort ebenfalls um die 135 Dezibel
erzeugen. Auch die Gefahr von Silvesterböllern (120 Dezibel bei acht
Metern Entfernung) sollte nicht unterschätzt werden: Während einer
Untersuchung von 424 jungen Männern zu Beginn ihres Wehrdienstes
stellten Ärzte kürzlich bei der Hälfte von ihnen Symptome eines
Knalltraumas fest (Tinnitus und Vertäubung). Bei 73 Prozent der
Betroffenen wurde dieses durch Silvesterböller verursacht. Um 
Hörschäden durch Freizeitlärm bei Kindern und Jugendlichen zu
vermeiden, fordern Bundesärztekammer und Umweltbundesamt
vorgeschriebene Pegelbegrenzungen: In Diskotheken sollte der
Dauerschallpegel - bezogen auf den lautesten Bereich des
Veranstaltungsortes - auf 95 Dezibel begrenzt werden. Für tragbare
und andere Geräte mit Kopfhörern dürfte die Lautstärke nicht mehr als
90 Dezibel betragen und für lärmerzeugendes Spielzeug sowie andere
Geräte mit Ohrhörern bei Kindern unter 14 Jahren nicht mehr als 80
Dezibel.
Nicht immer wird ein Hörverlust jedoch durch hohe Dezibel-Werte
hervorgerufen. Die noch immer häufigste Ursache von Schwerhörigkeit
im Kindes- oder Jugendalter sind chronische oder chronisch
rezidivierende Entzündungen des Mittelohres, betonte
Prof. Dr. med. Peter Plath, ehemals Chefarzt der HNO-Abteilung des
Prosper-Hospitals in Recklinghausen. Oft ist ein Hörverlust auch
Folge eines Unfalls (z.B. Schädelhirntrauma). Die Schädigung des
Gehörs wird in diesem Fall sehr häufig übersehen, da bei der
Behandlung zunächst die schweren, offensichtlichen, Verletzungen im
Vordergrund stehen. Ebenso ist bei Allgemeinerkrankungen wie
Durchblutungs-, Hormon- und Stoffwechselstörungen daran zu denken,
daß sie möglicherweise Hörsturz und Tinnitus auslösen; auch durch
Infektionskrankheiten können Läsionen am Innenohr entstehen.
Sprachstörungen bei einem Viertel der Kindergartenkinder
Hörverluste bei Kindern wurzeln auch zunehmend in den Gewohnheiten
der Eltern: Stundenlange informationslose Berieselung mit Musik oder
ein ständig laufendes Fernsehgerät kann bei Kindern zu auditiven
Wahrnehmungsstörungen führen: Es verhindert eine gezielte,
signalabhängige Verknüpfung der Netzwerke, die für differenziertes
Hören notwendig ist. Auch wenn Eltern ihr Kind nur selten direkt
ansprechen, kann die Entwicklung der Netzwerke gehemmt werden. Dieses
Defizit in der auditiven  Informationsverarbeitung, so Plath, hat
dazu geführt, daß heute mehr als ein Viertel aller Kindergartenkinder
in Deutschland Störungen der Sprachentwicklung aufweisen.
Pressekontakt: Während des Interdisziplinären Forums vom 12.-15.
Januar 2000 ist die Pressestelle der deutschen Ärzteschaft in Köln
unter der Tel.-Nr. (0221) 7763-301 erreichbar. Ausführliche Vorträge
auf Anfrage.

Rückfragen bitte an:

Hr. Freese
Bundesärztekammer (Pressestelle)
0221 4004 392 / 030 30 88 98 0
Herbert-Lewin-Str. 5

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