DRG-Fahrplan: medizinisch nicht vertretbar
Rostock (ots)
Der 105. Deutsche Ärztetag befürchtet eine Gefährdung der Patienten in den Krankenhäusern durch das künftige Fallpauschalengesetz. "Die Einführung des neuen Fallpauschalensystems darf nicht wegen ausschließlich politisch begründeter Terminvorgaben zu einem Last-Minute-Projekt mit ungewissen Auswirkungen auf die Krankenversorgung geraten", warnte die Ärzteschaft in Rostock.
Ab 01.01.2003 soll zunächst auf freiwilliger Basis und ab 01.01.2004 für alle Krankenhäuser verbindlich nicht mehr nach der Verweildauer der Patienten, sondern nach einheitlichen Pauschalen, so genannten Diagnosis Related Groups (DRGs), abgerechnet werden. Dabei wird vorerst auf das australische DRG-System zurückgegriffen, bis genug Daten für eine deutsche Fallpauschalenabrechnung vorhanden sind. Bisher stehe aber nur eine unzureichende Datengrundlage zur Verfügung, hieß es auf dem Ärztetag. "Der politisch gewollte, medizinisch aber nicht vertretbare enge Zeitplan zur Einführung der DRGs wird nicht die effizientesten Krankenhäuser, sondern zunächst die Kliniken belohnen, die am schnellsten in das DRG-System übergehen", kritisiert die deutsche Ärzteschaft.
Die vorläufige deutsche DRG-Bewertungen nach den australischen Kosten erscheine äußerst fragwürdig, hieß es weiter. Unter diesen Voraussetzungen drohen insbesondere in bisher nur unzureichend über DRGs abgebildeten Bereichen wie der Intensivmedizin, Früh-Rehabilitation, Onkologie und Palliativmedizin, Geriatrie, medizinischer Spezialbereiche sowie der Versorgung komplexer multidisziplinärer Fälle und behinderter Patienten "nicht zu verantwortende Verzerrungen". Dabei sei schon jetzt klar, dass sich die mit der Umsetzung der DRG-Einführung beauftragten Krankenhausträger- und Krankenkassenverbänden in der knappen Zeit nicht auf wesentliche Eckpunkte einigen werden.
Auf jeden Fall müsse das australische System schnell auf mögliche Problembereiche hin analysiert und an die Leistungswirklichkeit in Deutschland angepasst werden. Der Ärztetag forderte die Politik deshalb auf, "im Sinne des lernenden Systemansatzes kurzfristig zu gesetzlichen Nachbesserungen bereit zu sein". Dabei müsse vor allem die Auswirkungen des DRG-Vergütungssystems auf den ambulanten Versorgungsbereich berücksichtigt werden.
Die Versorgung der Patienten im Krankenhaus sei vor allem dann gefährdet, wenn das neue DRG-System ohne Rücksicht auf die durch das ärztliche und pflegerische Personal tatsächlich geleistete Arbeitszeit durchgesetzt werde. Besonders dramatisch sei diese Entwicklung vor dem Hintergrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom Oktober 2000 zu sehen, nach dem Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zu betrachten ist. In der Konsequenz dieses EuGH-Urteils würden bis zu 27.000 Ärzte zusätzlich in den Krankenhäusern gebraucht.
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