Experten warnen vor Resistenzen bei Infektionskrankheiten - 30. Interdisziplinäres Forum der Bundesärztekammer
Berlin (ots)
In Deutschland ist es 2005 erstmals zu einem Anstieg von Neuinfektionen mit dem HIV-Erreger gekommen. Darauf wiesen Experten bei einem Symposium der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) im Rahmen des 30. Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer in Berlin hin. Die Hauptursache dafür sei eine größere Sorglosigkeit beim so genannten Safer Sex. "Es wird unterschätzt, dass eine Immunschwäche zwar partiell behandelbar, eine vollständige Abtötung der Viren aber nicht möglich ist", betonte Dr. Dirk Schürmann von dem Berliner Universitätsklinikum Charité. Zudem hätte die zur Behandlung eingesetzte hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) Nebenwirkungen mit noch nicht absehbaren Folgen.
Seit der Einführung der HAART Mitte der neunziger Jahre ist die HIV-Infektion zu einer behandelbaren chronischen Infektionskrankheit geworden. Die Therapie sollte jedoch erst bei fortgeschrittener HIV-Infektion erfolgen. Die Standardtherapie besteht aus einer Kombination aus drei Medikamentenklassen, die zwei Schlüsselschritte im Virusreplikationszyklus hemmen. "Unter günstigen Voraussetzungen dürfte die Lebenserwartung HIV-Infizierter die von Menschen ohne HIV-Infektion erreichen", erklärte Schürmann. Immer noch werde die HIV-Infektion allerdings zu spät diagnostiziert. Nur bei Kenntnis der HIV-Diagnose könnten durch den rechtzeitigen Beginn der HAART und die Prophylaxe weiterer Infektionen Immunschwäche-Erkrankungen verhindert werden.
Ein großes Problem ist nach wie vor die Übertragung von Viren mit Resistenzen. Dadurch sind die Behandlungsmöglichkeiten der HIV-Infektion stark eingeschränkt. "Resistente Viren machen in Deutschland zur Zeit 10 Prozent aller Neuinfektionen aus", warnte Schürmann. Resistenzen sind generell bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten ein ernstes Problem. Eine zunehmende Resistenzentwicklung stellen Experten auch bei Keimen wie Pneumokokken und Staphylokokken fest, die bislang mit Antibiotika recht gut behandelt werden konnten. "Hierfür ist wesentlich der verbreitete irrationale und überflüssige Einsatz von Antibiotika verantwortlich", kritisierte Prof. Dr. Bruno Müller-Oerlinghausen, Vorsitzender der AkdÄ. Problematisch sei auch die Stagnation der industriellen Forschung auf dem Gebiet der Antibiotika, da die Hersteller eher interessiert seien an der Entwicklung von Substanzen, die - im Gegensatz zu Antibiotika - über lange Zeit bei größeren Bevölkerungsgruppen eingesetzt würden. Müller-Oerlinghausen wies darauf hin, dass kritische und unabhängige Empfehlungen zum rationalen Einsatz von Antibiotika in den "Arzneimittelverordnungen", dem Standardwerk der AkdÄ, zu finden seien (soeben in der 21. Auflage erschienen).
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