Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
HAIL, CAESAR! feiert Kinostart mit Prädikat "besonders wertvoll"/Außerdem mit Prädikat im Kino: DER GEILSTE TAG von und mit Florian David Fitz und das bewegende Drama MUSTANG
Wiesbaden (ots)
HAIL, CAESAR! (Start: 18. Februar) von den Coen-Brüdern feierte erst vergangenen Donnerstag seine umjubelte Premiere auf der Berlinale. In dieser Woche nun startet die Hommage an das Classical Hollywood der 1940er und 1950er Jahre auch im Kino. Alles dreht sich um die Traumfabrik Hollywood und ihre Illusionen. Damit diese auch erhalten bleiben, braucht es Menschen wie Eddie Mannix, die sich um das Image der Stars und Sternchen kümmern, die Presse auf Abstand halten und eben alles "reparieren", was vor und hinter der Bühne Schaden nehmen kann. Erst als ein berühmter Star direkt vom Set entführt wird, gerät auch Eddie an die Grenzen seiner Möglichkeiten. "Eine intensive und monumentale Liebeserklärung an das klassische Hollywoodkino mit all seinen Tücken, von dem bewährten Coen-Team originell und detailreich inszeniert. Roger Deakins liefert makellos choreographierte Bildkompositionen, die Schauspieler glänzen in mitunter satirisch überhöhten Rollen, die indes nie das Interesse an den Charakteren verlieren. Die Coens haben mit diesem Film erneut bewiesen, dass sie zu den außergewöhnlichsten amerikanischen Filmkünstlern ihrer Generation gehören." So urteilt die fünfköpfige Expertenrunde über die Komödie, der sie das höchste Prädikat "besonders wertvoll" verleiht.
Der eine schläft permanent ein, der andere kann kaum selbständig atmen - es gibt bessere Ausgangslagen, die man sich für Helden eines Road Movies aussuchen würde. Doch genau diese Grundidee macht den besonderen Charme von DER GEILSTE TAG (Start: 25. Februar) aus, dem neuen Film von Florian David Fitz. Fitz spielt Benno, bei dem zu Beginn des Films ein nicht operabler Hirntumor attestiert wird. Zusammen mit seinem ebenfalls todkranken Zimmernachbarn Andi, gespielt von Matthias Schweighöfer, entscheidet er sich, dem Schicksal ein letztes Schnippchen zu schlagen, und noch einmal das Leben so richtig zu feiern. Was folgt, ist ein sehr unterhaltsames Buddy- und Roadmovie, das, so die FBW, geschickt die Balance hält zwischen komischen und tragischen Momenten. Zudem lobt die Jury die Leistung der Hauptdarsteller, die "den Film tragen". Das Verhältnis von Benno und Andi sei "sehr behutsam in Szene gesetzt". Die Jury zeichnet die "gelungene Tragikomödie" mit dem Prädikat "wertvoll" aus.
Seit dem Tod ihrer Eltern leben Lale und ihre vier Schwestern bei ihrem Onkel in einem Dorf in der Türkei. Der Onkel wacht mit konservativer Strenge über die Mädchen und als sie eines Tages beim Herumtollen mit ein paar Jungs erwischt werden, entscheidet die Familie, dass sie nun zuhause bleiben müssen, selbst zur Schule dürfen sie nicht mehr gehen. Doch die fünf aufgeweckten Mädchen versuchen alles, um der Strenge und der Enge der Situation zu entkommen. Der Debütfilm von Regisseurin Deniz Gamze Ergüven, MUSTANG (Start: 25. Februar) überzeugt als intensive und doch mit Leichtigkeit erzählte Coming of Age-Geschichte. Die Jury der FBW war beeindruckt und vergab einstimmig das höchste Prädikat "besonders wertvoll" für diesen Film, der in diesem Jahr auch für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert ist. In ihrer Begründung für die Auszeichnung schreibt sie: "Mustang ist mit seiner fundierten Kritik daran, wie Frauen in der Türkei behandelt werden, ein immens politischer Film. Vor allem ist er aber ein grandios erzähltes Drama, das auf allen Ebenen souverän in Szene gesetzt wurde."
Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Prädikatsfilme vom 18. bis 25. Februar 2016
Hail, Caesar! Spielfilm, Komödie. USA 2016.
Das Hollywood der 50er Jahre ist eine Fabrik, die Träume produziert. Und wie in jeder anderen Fabrik gibt es auch in Hollywood hier und da kleine und große Problemchen. Das weiß auch Eddie Mannix. Er ist bei einem der großen Studios als universeller "Problemlöser" angestellt und ist so den ganzen Tag damit beschäftigt, zickige Diven zu besänftigen, neugierige Klatschreporterinnen abzuwehren und anspruchsvolle Regisseure in ihre Schranken zu weisen. Eigentlich hat Eddie die Sache ganz gut im Griff. Doch dann wird auf einmal der große Star Baird Whitlock vom Set eines Monumentalfilms entführt. Die Entführer nennen sich die "Zukunft" und fordern 2 Millionen Dollar. Nun ist guter Rat teuer, denn keiner darf erfahren, was wirklich vor sich geht. Ein Ablenkungsmanöver muss her. Doch Eddie muss feststellen: In der Traumfabrik eine glaubhafte Illusion herzustellen, ist leichter gesagt als getan. In Form einer Hommage zelebriert der neue Film der Coen-Brüder das klassische Genrekino der 1940er und 1950er Jahre. Keine Standardsituation und kein Starklischee, das hier nicht parodiert und persifliert wird. Da gibt es den Westernhelden, der in seiner darstellerischen Leistung etwas begrenzt daher kommt, aber dennoch vom Studio zu einem Imagewechsel hin zum Charakterdarsteller gezwungen wird. Da gibt es das "American Sweetheart", das alle auf der Leinwand verzaubert - und das hinter den Kulissen flucht wie ein Kesselflicker und Ehen sammelt wie andere Socken. Und da gibt es den großen Star, der die Leinwand gottgleich beherrscht, der aber ansonsten über wenig Tiefe und charakterlichen Ausdruck verfügt. Es ist dem stargespickten Ensemble (unter anderem George Clooney, Josh Brolin, Tilda Swinton, Scarlett Johansson und Ralph Fiennes) in jeder Minute anzusehen, welch großen Spaß allen das Spiel mit den Konventionen und den ironischen Brechungen derselben bereitet. Angesprochene Themen wie die Kommunistenverfolgung der McCarthy-Ära oder auch der Konflikt zwischen Film und Religion als Zensor verleihen der Farce eine weitere tiefergehende Dimension. All diese Aspekte vereinen die Coens auf wunderbar verspielte Weise, ohne jemals zu verleugnen, dass es der Zuschauer hier mit einem Kino der Attraktionen zu tun hat, das in erster Linie unterhalten soll. Es ist außerdem das Kino der Genres, dem die Coens auf respektvolle und dennoch augenzwinkernde Weise huldigen, mit dem für sie so typischen und herrlichen trockenen Humor, der sich vor allem in den köstlichen Dialogen spiegelt. Auf kunstvolle Weise vereinen sie die einzelnen filmischen Stilmittel wie Musik, Bühnenbild, Score und Montage, um ein großartiges Panoptikum des vergangenen Hollywoods zu zeichnen. Und um zu zeigen, warum das Kino seit jeher der perfekte Ort für Leinwandträume war. Und für immer bleiben wird. HAIL CAESAR! von Joel und Ethan Coen ist ein bunter Kostümfilm, ein großes Monumentalepos, ein komplexer Film Noir. Und als Film eine wundervolle und geistreiche Verbeugung vor dem Kino an sich.
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Der geilste Tag
Spielfilm, Tragikomödie. Deutschland 2015.
Benno ist absolut kein Gewinnertyp. Kein fester Job, keine Frau, keine Familie - und, wenn es nach der knapp vorgetragenen Diagnose des Arztes ins Hospiz geht, auch bald kein Leben mehr. Benno hat einen Hirntumor, der ihn ständig einschlafen lässt und der im ganzen Körper gestreut hat. Benno trifft die Diagnose hart - bis er beschließt, das Beste aus der Situation zu machen. Soweit ist Andi im Nebenzimmer noch nicht. Seine Lunge arbeitet noch zu 25 Prozent, er hängt an einem Beatmungsgerät. Dennoch klammert er sich verzweifelt an die Hoffnung, da draußen würde irgendwo eine Spenderlunge auf ihn warten. Solange kauert Andi in seinem Bett, panisch neurotisch und ohne richtige Lebenslust. Für Benno nicht hinnehmbar. Er überredet Andi zu einem ausgefuchsten Plan: Es geht darum, noch einmal richtig zu leben. Einen Kredit aufnehmen, die ganze Kohle zum Fenster rausschmeißen und dann gemeinsam mit einem Knall zu gehen. Andi ist zunächst skeptisch, willigt dann aber ein. Unter einer Bedingung: Erst wenn sie ihn hatten, den wirklich geilsten Tag ihres Lebens, dann können sie endgültig Schluss machen. Der eine schläft permanent ein, der andere kann kaum selbständig atmen - es gibt bessere Ausgangslagen, die man sich für Helden eines Road Movies aussuchen würde. Doch genau diese Grundidee macht den besonderen Charme von DER GEILSTE TAG aus. Die beiden Protagonisten im Film von Florian David Fitz sind nicht perfekt, erobern die Welt nicht im Sturm und strotzen auch nicht vor Selbstbewusstsein. Und doch sind sie für den Zuschauer genau richtig, um mit ihnen auf diese abenteuerliche und höchst amüsante Reise zu gehen. Hohe Schauwerte sind in Südafrika garantiert, dazu kommen wilde Tiere, hohe Berge und viele schöne kurzweilige Momente, in denen sowohl Florian David Fitz als Benno als auch Matthias Schweighöfer als Andi ihr gesamtes komisches Potenzial ausspielen können. Fitz ist der Lebemann, der sich mit List, Tücke und einer großen Portion Charme um alle kleinen Probleme herumdrücken kann, und Schweighöfer ist der Naiv-Schüchterne, den man in so manchen Situationen beschützen möchte und den man gerne dabei beobachtet, wie er sich, auch als es fast zu spät erscheint, dem Leben endlich öffnet. Das Drehbuch von Fitz schafft mühelos den Spagat zwischen Tragik und Komik, zwischen schnellen Dialogen und tiefen berührenden Momenten. Dazu kommt eine gekonnt ausgearbeitete Dramaturgie und ein stimmiges Timing. Das Thema Tod wird angstfrei behandelt, jedoch ohne bedrückende Schwere. Die Kamera von Bernhard Jaspers liefert großartige Bilder, der gut gemischte Soundtrack untermalt das Gefühl, mit Benno und Andi einfach on the road zu sein. DER GEILSTE TAG ist gekonntes Unterhaltungskino, bei dem man gleichzeitig lachen, weinen und genießen kann. Ein Film, der daran erinnert, dass es für einen richtig geilen Tag nie zu spät ist.
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Mustang
Spielfilm, Drama. Deutschland, Frankreich, Türkei 2015.
In einem Dorf, 2000 km entfernt von der Metropole Istanbul, leben fünf elternlose Schwestern im Haus des Onkels und der Großmutter. Als ihr harmloses Herumtollen am Strand einen Skandal auslöst, beginnt die streng muslimische Familie stärkere Kontrolle auf die Mädchen auszuüben. Schon die kleinste Abweichung vom traditionellen Leben wird mit Arrest und Ohrfeigen bestraft. Trotzdem schaffen es die Mädchen immer wieder aus ihrem von Koch- und Nähkursen bestimmten Alltag auszubrechen. Doch dann will die Familie die Mädchen schnellstmöglich verheiraten. MUSTANG ist einerseits ein Film über eine Familie, über Geschwister, andererseits über den Kampf gegen die kulturellen Zwänge einer veralteten und überholten Gesellschaftsform. Es geht schon lange nicht mehr um eine logische Erklärung für Verbote, sondern ums reine Einhalten der Pflichten, die die Religion auferlegt. Dabei gelingt es der Regisseurin Deniz Gamze Ergüven, diese spannende Geschichte auch erfrischend humorvoll zu erzählen. Das liegt vor allem an den beeindruckenden schauspielerischen Leistungen der fünf Hauptdarstellerinnen. Die Natürlichkeit und Verletzlichkeit sowie die im Laufe des Filmes zunehmende Stärke der jungen Frauen werden perfekt herausgearbeitet und dargestellt. Darüber hinaus wird man als Zuschauer einerseits Zeuge von der Unterdrückung in dieser konservativen Gesellschaft, aber auch von der Emanzipation der Schwestern. MUSTANG lässt den Zuschauer miterleben, reflektieren und regt zu Diskussionen über Gesellschaftsformen und dem Konflikt zwischen der modernen und der traditionellen Lebensweise an. Gerade in der heutigen Situation ein enorm wichtiger und politischer Beitrag, der den Zuschauer noch lange nach Filmende nachdenklich zurücklässt.
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