Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
EIN GANZES HALBES JAHR mit FBW-Prädikat im Kino/Kinostart mit Prädikat auch für NUR WIR DREI GEMEINSAM und LOU-ANDREAS SALOMÉ
Wiesbaden (ots)
In der Romanze EIN GANZES HALBES JAHR (Start: 23. Juni) treffen die quirlig fröhliche Louisa und der querschnittsgelähmte William aufeinander. Louisa wird von Williams wohlhabenden Eltern als Hausdame engagiert und schafft es nach und nach, William aus seinem Schneckenhaus zu locken. Und ihm zu zeigen, wie schön das Leben sein kann. Die britische Regisseurin Thea Sharrock hat mit ihrem Film eine werkgetreue Umsetzung der gleichnamigen Bestseller-Vorlage von Jojo Moyes geschaffen, die auch für Drehbuch verantwortlich zeichnet. "Nicht nur die Fans der Romanzen voller großer Gefühle kommen voll auf ihre Kosten. EIN GANZES HALBES JAHR erzählt eine melodramatische Freundschafts- und Liebesgeschichte über alle Klassen- und Gesellschaftsschranken hinweg als charmantes Feel-Good-Movie mit Aschenputtel-Anlehnungen, das die Herzen der Zuschauer verzaubert." So urteilt die fünfköpfige Expertenrunde der FBW über den Film, der von ihr mit dem Prädikat "wertvoll" ausgezeichnet wird.
Sein stetiger Einsatz für Gerechtigkeit und sein Widerstand gegen das Schah-Regime im Iran der 1960er Jahre bringt den jungen Hibat für viele Jahre ins Gefängnis. Doch auch nach seiner Freilassung kämpft Hibat weiter - und er verliebt sich in Fereshteh. Die beiden heiraten und bekommen einen Sohn. Doch das Glück wird bald getrübt, denn die Familie muss fliehen. Zunächst in die Türkei, dann nach Paris - wo ein neues Leben, neue Freunde und neue Herausforderungen auf sie warten. Das berührende Regiedebüt des französischen Comedians Kheiron, NUR WIR DREI GEMEINSAM (Start: 30. Juni), erzählt die Lebens- und Liebesgeschichte seiner Eltern. Die unabhängige Jury der FBW zeichnete den Film mit dem höchsten Prädikat "besonders wertvoll" aus und sagt: "Ein hoffnungsvoller und warmherziger Film, der glänzend unterhält und genau zur richtigen Zeit kommt, um daran zu erinnern, wie das Konzept von Integration und dem gemeinsamen Leben der Kulturen funktionieren kann."
Die deutsch-russische Schriftstellerin, Philosophin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé war eine außergewöhnliche Persönlichkeit: freiheitsliebend, klug, furchtlos und voller Forschungsdrang. Cordula Kablitz-Post setzt dieser bemerkenswerten Persönlichkeit in ihrem Spielfilm LOU-ANDREAS SALOMÉ (Start: 30. Juni) ein mehr als würdiges Denkmal. Die Jury lobt die stilistischen Mittel, die die Regisseurin gefunden hat, um "der Komplexität der Figur und ihrer historischen Bedeutung gerecht zu werden". Als ebenfalls herausragend lobt die Jury die Leistungen der verschiedenen Schauspielerinnen, die Andreas-Salomé in den verschiedenen Phasen ihres Lebens verkörpern. Sie, so die Jury, stellen glaubhaft "die analytische Intelligenz und geistige Unabhängigkeit dar, die die Titelheldin auszeichnete". Kablitz-Post sei ein "intelligenter, auf allen Ebenen künstlerisch überzeugender und bei all dem auch noch erstaunlich unterhaltsamer Film gelungen". Hierfür vergibt sie in einstimmigem Votum das Prädikat "besonders wertvoll".
Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Prädikatsfilme vom 23. bis 30. Juni 2016
Ein ganzes halbes Jahr
Drama, Spielfilm. USA 2016.
Louisa Clark ist Mitte zwanzig und hat gerade ihren Job verloren. Wieder einmal. Irgendwie scheint die quirlig fröhliche und immer ein bisschen zu schräg gekleidete junge Frau kein Glück auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Doch Louisa, die bei ihren Eltern lebt und deren Unterhalt unterstützen möchte, ist offen für jedes Arbeitsangebot, und so sagt sie auch sofort zu, als sie davon erfährt, dass die reiche Familie Traynor eine Art persönliche Assistentin für ihren querschnittsgelähmten Sohn William sucht. Vor zwei Jahren war William noch ein lebenslustiger junger Mann, ein erfolgreicher Banker, ein guter Sportler. Doch seit drei Jahren sitzt er nur noch in seinem Stuhl, schaut ins Leere und hat mit dem Leben abgeschlossen. Als Louisa in das Haus der Treynors kommt, wird sie von Williams Härte immer wieder vor den Kopf gestoßen. Doch Louisa beschließt, sich nicht unterkriegen zu lassen. Und sie setzt sich ein Ziel: William soll sich der Welt wieder öffnen. Und das Leben wieder lieben lernen. Der britischen Regisseurin Thea Sharrock gelingt mit EIN GANZES HALBES JAHR eine wunderschöne und werkgetreue Umsetzung der gleichnamigen Bestseller-Vorlage von Erfolgsautorin Jojo Moyes, die auch das Drehbuch verfasst hat. Schon in der ersten Szene begegnet der Zuschauer der Hauptfigur Louisa, die von Emilia Clarke mit großem Charme und Liebreiz verkörpert wird. Ihre Augen scheinen permanent zu strahlen, das Gesicht verspricht Lebensfreude pur. Nicht alles gelingt Louisa, oftmals stellt sie sich tollpatschig an - und doch ist ihr Verhalten so authentisch und ihre Begeisterung so mitreißend, dass man sich dem Zauber der Figur nicht entziehen kann. Dazu dienen sicherlich auch die bis ins kleinste Detail stimmigen Kostüme. Vom ausgefallenen Haarschmuck über gelb-schwarz gestreifte Strumpfhosen bis hin zu kunstvoll designten 50er Jahre Pumps - in jeder Farbe, in jedem Stoffmuster spiegelt sich der verspielte Charakter Louisas wieder. Als perfekter Gegenpart dazu agiert Sam Claflin als William Traynor, der gerade zu Beginn der Geschichte zugeknöpft und mürrisch wirkt und doch mit jeder Minute der Geschichte mehr auftaut und seinem schweren Schicksal mit größerer Hoffnung zu trotzen scheint. Zwischen beiden Darstellern stimmt die Chemie und so folgt man der romantischen Geschichte gern, die die perfekte Balance zwischen heiteren und tieftragischen Momenten zu finden scheint. Auch der restliche Cast begeistert mit seinem authentischen Spiel, und das Drehbuch erlaubt auch Nebenfiguren mit wenig Handlungsraum komplexe Rollen, die sich entwickeln und mit denen der Zuschauer mitfühlen kann. Trotz der Schwere des Themas ist EIN GANZES HALBES JAHR ein berührender und sehr unterhaltsamer Feelgood-Film mit perfektem Geschick für gutes Timing, der Mut zu großen Gefühlen beweist.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/ein_ganzes_halbes_jahr
Nur wir drei gemeinsam
Spielfilm, Tragikomödie. Frankreich 2015.
Hibat wächst im Iran der frühen 1960er Jahre auf. Schon als Kind lernt er sich durchzusetzen und für seine Rechte zu kämpfen - wenn es auch anfangs nur darum geht, beim Familienessen die strategisch günstigste Sitzposition zu erwischen. Als junger Mann jedoch kämpft Hibat für etwas anderes: Freiheit, Demokratie und mehr Rechte für das vom Schah unterdrückte Volk. Das bringt ihm eine Menge Ärger ein und bald schon landet Hibat, zusammen mit seinem Bruder und seinen Freunden, im Gefängnis. Doch der junge Anwalt lässt sich nicht unterkriegen, übersteht Einzelhaft und Folter und kämpft auch nach seiner Entlassung weiter. Als er auf die wunderschöne und selbstbewusste Fereshteh trifft, verliebt er sich in sie. Und umgekehrt. Die beiden heiraten, bekommen einen Sohn. Und müssen nach Frankreich fliehen. Zunächst will Hibat alleine fort. Doch Fereshteh macht ihm klar: Nur wir drei gemeinsam. In seinem Debüt erzählt der französische Comedian Kheiron die Geschichte seiner Eltern. In Personalunion ist er für Drehbuch, Regie und die Hauptrolle als Hibat verantwortlich und beeindruckt auf allen Ebenen. Der besondere Zauber des Films liegt in der Verbindung seines warmherzigen und pointierten Humors mit großartigen Figuren und einer spannenden wie berührenden Geschichte. Immer wieder gibt es leise Momente ohne viele Worte, in denen ein Blick, eine Geste oder ein stummes Telefonat zwischen Vater und Tochter genügen, um Gefühle zu vermitteln. Dazu lassen eine großartige Kamera und eine stimmungsvolle Musik den Zuschauer in die fremde Welt eintauchen. Hibat ist ein Rebell, ein politisch denkender Mensch, der sieht, wie die Welt funktioniert und sie ändern möchte. Doch er ist auch ein Träumer und ein Idealist. Kheiron spielt diese Rolle überzeugend, mit einer unglaublich positiven Ausstrahlung und einem offenen Blick, der den Zuschauer einlädt, Teil der Geschichte zu sein. Leila Bekhti als Fereshteh ist der Fels in der Brandung, an dem Hibat sich festhält. Bekhti spielt sie mit einer hinreißenden Mischung aus bestimmender Dominanz und der absoluten Hingabe an ihren Mann und ihren Sohn. Das Paar versucht Kulturen, Gesellschaftsschichten und Generationen zusammenzubringen. Nicht immer gelingt dies, die beiden erfahren Rückschläge. Und geben doch nie auf. Sämtliche Haupt- und Nebenfiguren sind starke Charaktere, mit realen Vorbildern und echte Originale. Sie wachsen dem Zuschauer ans Herz und ergeben als Ensemble ein stimmiges farbenfrohes Puzzle. NUR WIR DREI GEMEINSAM ist eine großartig erzählte Liebeserklärung eines Künstlers an seine Eltern. Ein hoffnungsvoller und warmherziger Film, der glänzend unterhält und genau zur richtigen Zeit kommt, um daran zu erinnern, wie das Konzept von Integration und dem gemeinsamen Leben der Kulturen funktionieren kann.
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Lou Andreas-Salomé
Drama, Spielfilm. Deutschland, Österreich 2016.
1933, Bücherverbrennung in Göttingen. Der Germanist Ernst Pfeiffer macht sich auf den Weg, um einer Frau seine Aufwartung zu machen, deren Wesen und Werk er schon seit langem verehrt: Lou Andreas-Salomé. Zurückgezogen lebt die nun 72-Jährige in ihrem Haus, zusammen mit Mariechen, die ihr im Haushalt zur Hand geht. Besucher weist sie generell ab, Beziehungen pflegt sie keine mehr. Bei Pfeiffer jedoch macht sie eine Ausnahme - und beginnt, von ihrem Leben zu erzählen. Dieses beginnt in Russland, mit einer glücklichen Kindheit, die jäh endet, als ihr Vater stirbt. Lou Andreas-Salomé berichtet von ihren Träumen als Jugendliche, ihren Plänen, als eigenständige emanzipierte Frau die Welt zu erobern. Und sie berichtet von den berühmten Männern, die allesamt der Faszination ihrer starken Persönlichkeit erlagen. Und von denen doch keiner sie wirklich halten konnte. Denn sie will niemandem gehören. Das Spielfilmdebüt von Cordula Kablitz-Post erzählt die faszinierende und beeindruckende Lebensgeschichte der Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé, die zudem als Vordenkerin der Psychoanalyse und Vorbild für die Frauenbewegung gilt. Noch heute gibt es unzählige Spekulationen, Interpretationen und Vermutungen über all die Beziehungen, die Andreas-Salomé zu berühmten Männern wie Friedrich Nietzsche, Rainer-Maria Rilke oder Siegmund Freud unterhielt. Auch Kablitz-Post stellt diese Beziehungsgeflechte in das Zentrum ihres Erzählens. Und doch macht sie eindrücklich klar, dass es sich hier nicht um eine Frau handelt, die von diesen Männern definiert wurde, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Lou Andreas-Salomé war es, die eine entscheidende Schaffensphase der jeweiligen Männer definierte und bestimmte. Um die ganze Lebensspanne von Andreas-Salomé abbilden zu können, verkörpern gleich mehrere Darstellerinnen die gemeinsame Rolle. Ob Liv-Lisa Fries, Katharina Lorenz oder Nicole Heesters - sie alle versehen Lou Andreas-Salomé und ihrer Vielschichtigkeit gekonnt mit ganz eigenen prägnanten Wesenszügen. Da ist die Aufgeschlossenheit und Neugier des jungen Mädchens, die Entschlossenheit und der Stolz einer erwachsenen gebildeten und selbstbewussten Frau und die Weisheit und scharfzüngige Beobachtungsgabe des Alters. All dies arbeitet der Film in wunderschönen Bildern großartig heraus und findet mit der Einarbeitung historischer Postkartenmotive einen ganz besonderen inszenatorischen Kniff, um den Zuschauer in die Zeit Andreas-Salomés zu versetzen. Auch der Rest des großartig besetzten Ensembles, wie etwa Alexander Scheer, Julius Feldmeier oder Katharina Schüttler überzeugen. Durch den Film von Kablitz-Post wird klar, welch große Bedeutung Lou Andreas-Salomé hatte. Nicht nur als große Denkerin und Wissenschaftlerin. Sondern auch als starkes emanzipiertes und unabhängiges Rollenvorbild für Frauen. Und so lässt der Film sie gegen Ende in die Kamera blicken und mit dem starken Satz enden: "Die Welt, sie wird Dich schlecht begaben, glaube mirs, sofern Du willst ein Leben haben, raube Dirs!". Ein beeindruckender Film über eine starke Frau.
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