Außenminister Fischer im ZEIT-Interview
Hamburg (ots)
über die US-Pläne zur Nationalen Raketenabwehr: "Deutschland muss ein Klima der Kooperation zwischen Russland und den USA schaffen"
über die Forderung nach einer selbstbewussteren Außenpolitik: "Wir müssen eine Politik der weisen Selbstbeschränkung betreiben"
über die Diskussion um seine Vergangenheit: "Wäre ich in meinen Entscheidungen nicht mehr frei, würde ich die Konsequenzen ziehen"
---- Hinweis: das Interview mit Joschka Fischer kann in seiner gesamten Länge (erweiterte Print-Ausgabe) im Internet nachgelesen werden unter "www.zeit.de"! ----
Bundesaußenminister Joschka Fischer warnt davor, die US-Regierung in Washington wegen ihrer Pläne für eine Nationale Raketenabwehr (NMD) zu scharf zu kritisieren. "Im Verhältnis zu den USA kommt es darauf an, was wir erreichen - nicht, welche Schlagzeile man zu Hause produziert und welche Haltungsnoten man bekommt", erklärte Fischer in einem Interview der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Mit dem Amtsantritt von Präsident Bush ist die Entscheidung des Ob gefallen. Die Rede ist jetzt vom Wie", fügte Fischer hinzu. Deutschland als Nicht-Nuklearmacht müsse dabei versuchen, "ein Klima der Kooperation" zwischen Russland und den USA zu schaffen, einen "neuen Rüstungswettlauf" und die Proliferation von atomaren Waffen zu verhindern. "Der ABM-Vertrag lässt sich fortentwickeln", erklärte Fischer, "er ist aber auch kündbar, und das halte ich für eine wesentlich schlechtere Variante."
Fischer verwahrte sich gegen Forderungen nach einer "selbstbewussteren Außenpolitik" Deutschlands: "Da sind Sie bei mir einfach an der falschen Adresse. Wir müssen eine Politik der weisen Selbstbeschränkung betreiben. Hiermit dienen wir deutschen Interessen am besten." Dies gelte gegenüber den USA wie in Europa: "Unsere beste Form der Interessenvertretung ist die, dass wir nicht auftrumpfen, dass wir nicht im prallen Selbstbewusstsein von uns selbst einherkommen. Je mehr Verantwortung auf uns zuläuft, je stärker wir werden, desto rücksichtsvoller müssen wir sein."
In dem ZEIT-Interview bestritt Fischer, dass der innenpolitische Streit um seine Vergangenheit seine Amtsführung belaste: "In dem Moment, in dem ich der Meinung wäre, ich wäre nicht mehr frei in meinen Entscheidungen, würde ich selbst die Konsequenzen ziehen. Das ist doch völlig klar." In dieser Hinsicht sei er "sehr konservativ".
Die europäische Einigung bezeichnete Fischer als "fast einen Teil unserer Staatsräson". Über die jüngsten Verstimmungen im deutsch-französischen Verhältnis werde zwischen Berlin und Paris offen geredet, sie seien aber "gegründet auf den gegensätzlichen Interessen, den Unterschieden." Diese solle man nicht leugnen: "Lang lebe der Widerspruch, das ist das Wesenselement dieser Partnerschaft! Das ist das, was mir an der deutschen Debatte überhaupt nicht gefällt: dass versucht wird, Widersprüche aufzulösen, statt sie produktiv durch europäische Kompromisse zu nutzen."
Selbstbewusstsein von uns selbst einherkommen. Je mehr Verantwortung auf uns zuläuft, je stärker wir werden, desto rücksichtsvoller müssen wir sein."
In dem ZEIT-Interview bestritt Fischer, dass der innenpolitische Streit um seine Vergangenheit seine Amtsführung belaste: "In dem Moment, in dem ich der Meinung wäre, ich wäre nicht mehr frei in meinen Entscheidungen, würde ich selbst die Konsequenzen ziehen. Das ist doch völlig klar." In dieser Hinsicht sei er "sehr konservativ".
Die europäische Einigung bezeichnete Fischer als "fast einen Teil unserer Staatsräson". Über die jüngsten Verstimmungen im deutsch-französischen Verhältnis werde zwischen Berlin und Paris offen geredet, sie seien aber "gegründet auf den gegensätzlichen Interessen, den Unterschieden." Diese solle man nicht leugnen: "Lang lebe der Widerspruch, das ist das Wesenselement dieser Partnerschaft! Das ist das, was mir an der deutschen Debatte überhaupt nicht gefällt: dass versucht wird, Widersprüche aufzulösen, statt sie produktiv durch europäische Kompromisse zu nutzen."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 12/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 15. März 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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