DIE ZEIT: Im Verborgenen lässt das Finanzministerium seit Monaten von Sonderermittlern recherchieren, ob beim Bau der Raffinerie in Leuna geschmiert wurde - Kanzleramt wusste bis vor kurzem nichts
Hamburg (ots)
Das Bundesfinanzministerium hat nach Recherchen der Wochenzeitung DIE ZEIT monatelang im Verborgenen von Sonderermittlern nachforschen lassen, ob beim Bau der Raffinerie Leuna geschmiert wurde. Es setzt dabei eine externe, aber vom Ministerium beaufsichtigte Ermittlungsgruppe ein, die Arbeitsgruppe Koordinierte Ermittlung (AKE). Finanz-Staatssekretär Karl Diller (SPD) bestätigte der ZEIT die Existenz der Gruppe. Er sagte, sie habe die Aufgabe zu prüfen, "ob der Bundesrepublik ein Vermögensschaden entstanden ist". Das Bundeskanzleramt will dagegen bis vor kurzem von den Ermittlungen nichts gewusst haben.
Die Ermittlungsgruppe AKE arbeitet mindestens seit Herbst 2000 unerkannt an der Frage, was dran ist an dem Verdacht, beim Bau der Leuna-Raffinerie durch das französische Elf-Konsortium seien Schmiergelder in Höhe von mindestens 75 Millionen Mark geflossen. Die sogenannte "Taskforce" besteht aus mindestens 10 Ermittlern - Zollkriminalisten , BKA-Fahndern, Juristen, Revisoren, BND-Leuten. Sie sind als Beamte beurlaubt und mit Beraterverträgen angestellt. Sie können bei Bedarf weitere Privatermittler anwerben. Die Gruppe arbeitet in einer rechtlichen Grauzone. Einerseits ist die staatliche Ermittlungsgruppe quasi privatisiert und damit nicht beamtenrechtlich gebunden, sie hat nur Jedermannsrechte. Das erlaubt Recherchen im Ausland ohne förmliche Rechtshilfeersuchen. Andererseits ist die Gruppe der Privatermittler auf Amtshilfe deutscher Behörden angewiesen.
Erfunden hat die AKE Helmut Kohl. Gegründet 1996, sollte die Gruppe veruntreutes DDR-Vermögen aufspüren und in die Bundesrepublik zurückbringen. Schon damals hatte die Gruppe die gleiche Rechtsform.
Nach den ZEIT-Recherchen vernahm die diskrete Ermittlungsgruppe am 6. Februar auch den damals in Deutschland verhafteten ehemaligen Elf-Manager Alfred Sirven. Der Spenden-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages, der Sirven ebenfalls im Gefängnis vernahm, erfuhr erst bei dieser Gelegenheit von der Existenz weiterer amtlich beauftragter Ermittler. Ob der Ausschuss die Akten der AKE erhalten wird, ist noch unklar. Über Ergebnisse der AKE ist noch nichts bekannt.
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 12/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 15. März 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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