Italienischer Finanzminister fordert einheitliche Börse für Europa
Hamburg (ots)
Der italienische Finanzminister Tommaso Padoa-Schioppa hat die Einrichtung einer einheitlichen europäischen Börse gefordert. Im Gespräch mit der ZEIT sagt Padoa-Schioppa, die deutsche Regierung sollte dazu während ihrer EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 die Initiative ergreifen. "Die gemeinsame Währung fordert eine einheitliche europäische Börse, wahrscheinlich in Form eines Netzwerks", sagt Padoa-Schioppa. "Eine einheitliche Währung ohne einheitliche Börse ist ein Widerspruch."
Eine zweite Initiative, die er von der deutschen EU-Präsidentschaft erwartet, bezieht sich auf die Regelung des Budgets in der Europäischen Verfassung. "Jede Verfassung müsste den Budgetprozess regeln, damit man nicht nur Ziele vorgibt, sondern damit die EU auch die Mittel beschaffen kann, um sie zu erreichen. Deutschland könnte da mutige Ideen einbringen."
Padoa-Schioppa traut der aus neun Parteien bestehenden Mitte-Links-Koalition unter Ministerpräsident Romano Prodi eine volle Amtszeit von fünf Jahren zu. Alle Minister hätten im Kabinett dem in der Öffentlichkeit viel kritisierten Haushaltsentwurf zugestimmt. "Und das, obwohl in unserer Regierung zwei radikal linke Parteien sind, wie sie seit der Geburt von Karl Marx in keiner anderen europäischen Regierung vorgekommen sind - und wie sie auch in Italien mehr als hundert Jahre nicht mitregiert haben."
Auf die Frage, ob Romano Prodi und er in der Mitte-Links-Regierung Geiseln der radikalen Linken sein, antwortet Padoa-Schioppa: "In dieser Regierung kann jede Partei allein das Ende herbeiführen. Insofern sind wir Geiseln von neun Parteien. Ich musste eine Mischung von Maßnahmen finden, mit der alle leben konnten. Und da war es nicht schwieriger, mit der Linken umzugehen als mit jedem anderen Flügel."
Padoa-Schioppa räumt ein, dass Italien ein besonderes Problem mit der Steuerhinterziehung hat. "In der Tat ist die Steuervermeidung eine Pathologie der italienischen Gesellschaft. Eine Epidemie!" Die Regierung Berlusconi habe "diese Haltung noch verstärkt, indem einige ihrer Mitglieder die Steuerumgehung als legitimes Mittel gegen staatliche Übergriffe darstellten".
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 44 vom 26. Oktober 2006 senden wir Ihnen gerne zu.
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