Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Kritik an DKV-Vorschlag zu Zwangsmitgliedschaft für private Krankenversicherungen

24.09.2003 – 16:35

Berlin (ots)

Ein Reformvorstoß des designierten Vorstandschefs
der privaten Krankenversicherung DKV, Günter Dibbern, ist auf breite
Ablehnung in Politik und bei den gesetzlichen Kassen gestoßen.
Dibbern hatte im Berliner "Tagesspiegel" angeregt, freiwillig bei den
gesetzlichen Kassen (GKV) versicherte Gutverdiener zwangsweise
auszuschließen. Die GKV würde dadurch rund fünf Millionen ihrer
insgesamt 34 Millionen Versicherten verlieren. Die
Gesundheitsexpertin der Grünen, Biggi Bender, nannte es "geradezu
absurd, nun eine Zwangsmitgliedschaft für private Versicherungen zu
fordern". Vielmehr müsse man den Menschen ermöglichen, frei zu
entscheiden, wie sie sich versichern wollten. Dibberns Argument, dass
kapitalgedeckte Systeme den gesetzlichen überlegen seien und deshalb
möglichst viele in Privatversicherungen wechseln müssten, sei
"angesichts der ständig steigenden Tarife bei den Privaten nicht
überzeugend", sagte sie dem "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). Ge-
sundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wollte sich zu dem DKV-
Vorschlag nicht äußern. Die Ministerin begrüße eine breite Diskussion
über die Strukturreform im Gesundheitswesen, wolle aber derzeit keine
Bewertungen vornehmen, erklärte eine Sprecherin.
Norbert Klusen, Vorstandschef der Techniker-Krankenkasse,
bezeichnete Dibberns Vorstoß als "untauglich": "Unverhohlener kann
man seine Profitinteressen nicht vertreten. Es ist doch heute schon
nicht einzusehen, weshalb sich Menschen, die mehr als 3825 Euro im
Monat verdienen, einfach aus der Solidarität verabschieden können."
Eckart Fiedler, Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, beklagte, die
Privatversicherungen wollten "abkassieren", da gerade Gutverdiener
gesund seien. Der Vorschlag stelle nicht nur das Solidarsystem auf
den Kopf, sondern die GKV als Versicherung in Frage. "Risikoselektion
darf nicht die Zukunft des Gesundheitswesens bestimmen", sagte er dem
"Tagesspiegel" und richtete an die Privaten die Frage: "Will die PKV
eine Solidargemeinschaft der Kranken zurücklassen?" Beim Verband der
Angestellten-Krankenkassen hieß es, ohne die Gutverdiener wäre die
GKV entweder nicht finanzierbar oder aber die Beiträge würden ins
Unzumutbare steigen. Ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes nannte
Dibberns Vorschlag "kurios" und von "blindem Eigeninteresse"
gesteuert.
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