Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Ist das noch sozial, Herr Milbradt?
Sachsens Ministerpräsident über notwendige Zumutungen für Arbeitslose, die fehlende Lobby für den Osten – und kleinkarierte Politik bei Olympia

18.10.2003 – 13:39

Berlin (ots)

Die rot-grünen Hartz-Reformen bringen aus Sicht von
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) allenfalls im Westen
etwas. Im Gespräch mit dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am
Sonntag" sagte Milbradt: "Womöglich funktioniert es noch im Westen,
durch Leistungskürzungen die Arbeitslosen zur intensiveren Job-Suche
zu animieren. Im Osten sind einfach die Arbeitsplätze nicht da."
Milbradt kritisierte, dass die ursprünglichen Beschlüsse der SPD-
Bundestagsfraktion "verschlimmbessert" worden seien.
Milbradt plädierte dafür, verstärkt Zuschüsse zu Niedriglöhnen zu
ermöglichen. "Jede Arbeit ist besser als Nicht-Arbeit." Er hoffe
sehr, dass eine solche Änderung im im Vermittlungsausschuss von
Bundestag und Bundesrat vereinbart werden könne. "Wenn Arbeitslohn
und ergänzender Transfer höher ist als Nicht-Arbeit, ist das doch ein
Vorteil. Die Leute wollen doch arbeiten. Das Hauptproblem in
Ostdeutschland ist nicht die Menge an Drückebergern, sondern die zu
geringe Arbeit."
Der sächsische Regierungschef kritisierte, dass die Debatten in
Deutschland fast ausschließlich unter westdeutschem Blickwinkel
geführt werden. "Der Westen kann es sich leisten, eine solche Politik
zu machen, weil er sehr viel Fett hat. Da ist der Veränderungsdruck
geringer." Gegenwärtig habe der Osten auf Bundesebene "überhaupt
keine Lobby". Er finde "auf der Bundesebene praktisch nicht statt".
Kritisch äußerte sich Milbradt zur Entwicklung der Olympia-
Bewerbung. Er sei zwar "noch nicht so weit, von Chaos zu sprechen".
Doch sei "ganz klar, dass Leipzig nur dann international eine Chance
hat, wenn aus einer sächsischen Bewerbung eine gesamtdeutsche
Bewerbung wird". "Die Bundespolitik muss dahinter stehen, die gesamte
Bevölkerung, der Westen. Und das ist bis jetzt nur ungenügend
gelungen." Im Augenblick sei die deutsche Politik kleinkariert.
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