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Der Tagesspiegel: Knobloch wünscht den Deutschen mehr Patriotismus - Neue Präsidentin des Zentralrats der Juden warnt junge Leute vor Schuldgefühlen wegen der Vergangenheit

10.06.2006 – 14:44

Berlin (ots)

Die neue Präsidentin des Zentralrates der Juden in
Deutschland, Charlotte Knobloch, wünscht sich von den Deutschen mehr 
Patriotismus. "Warum sollen die Deutschen nicht stolz auf ihr Land 
sein?", sagte Knobloch dem  Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Jeder
könne darauf stolz sein, wie die Menschen nach dem Krieg "dieses Land
mit den Händen aufgebaut haben".
Sie werde oft von Zuwanderern gefragt, warum die Deutschen ihr 
Land nicht liebten. "Ich verlange ja gar nicht von den Neubürgern, 
dass sie schnell ein Patriotismusgefühl entwickeln. Ich verlange aber
von den Alteingesessenen, dass sie sich zu ihrem Land mit Freude 
bekennen. Und das tun sie nicht." In anderen Ländern stünden die 
Menschen dagegen für ihr Land ein, betonte sie.  Zugleich warnte 
Knobloch vor Schuldgefühlen, die es selbst in der jungen Generation 
wegen der deutschen Vergangenheit noch gibt: "Wir müssen alles dafür 
tun, den jungen Leuten nicht das Gefühl zu geben, sie seien schuldig 
an der Vergangenheit." Denn dann könnten sie ja keine Patrioten sein,
sagte Knobloch. "Das sollten sie aber - und zwar hundertprozentig." 
Sowohl von den jüdischen Gemeinden als auch von der Politik muss nach
Auffassung der 73-Jährigen auf diesem Gebiet "noch einiges getan 
werden".
Knobloch selbst sieht sich jedoch nicht als Patriotin. "Von mir 
kann man nicht verlangen, dass ich Patriotin bin", betonte sie. Sie 
könne die Vergangenheit nicht aus ihrem Leben streichen. Sie sehe in 
Deutschland aber ihre Heimat.  Das Verhältnis von Juden und 
Nichtjuden sei "auf beiden Seiten von Ängsten belastet", sagte 
Knobloch. "Wir müssen den Leuten verständlich machen, dass uns nur 
die Religion unterscheidet, sonst gar nichts."
Im Kampf gegen den Rechtsextremismus sprach sich die Präsidentin 
der Israelitischen Kultusgemeinde München dafür aus, gegebenenfalls 
das Demonstrationsrecht einzuschränken. "Es geht nicht an, dass die 
Behörden Neonazi-Demonstrationen verbieten wollen und dann von den 
Gerichten gebremst werden, weil die Gesetzeslage dem nicht 
entspricht."
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