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Börsen-Zeitung: Mut zur Verzögerung, Kommentar zum Zinsentscheid der Bank von England von Norbert Hellmann

Frankfurt (ots)

Die Zögerlichen erhalten selten
Tapferkeitsmedaillen. Die jüngste Entscheidung der Bank von England, 
den britischen Leitzins unverändert zu belassen, ist jedoch eine 
auszeichnungswürdige Verzögerungstaktik. Dazu muss man wissen, dass 
mit Jahresbeginn eine regelrechte Zinssenkungshysterie auf der Insel 
ausgebrochen ist, die mit einem real drohenden oder zumindest 
befürchteten Konjunktureinbruch im Zusammenhang steht.
Auf der High Street ist die Hölle los. Allerdings im umgekehrten 
Sinne, weil die Kunden scheinbar weglaufen. Anders ließe sich ja kaum
erklären, dass einige Retailer über 20% ihres Marktwertes an der 
Börse verloren haben. Zuletzt erwischte es Marks&Spencer, das 
Traditionskaufhaus und Mittelstandssymbol schlechthin. Jetzt wurden 
die Rufe nach einer neuen Zinssenkung - es gab ja bereits eine im 
Dezember - so richtig schrill.
Der britische Verbraucher soll von abkühlenden Häusermärkten und 
verschlechterten Kreditkonditionen so verunsichert sein, dass nur 
noch Zinssenkungen in Serie ihn wieder auf die High Street 
zurückbringen. Die Regierung hat sich der Panik angeschlossen. 
Premier Gordon Brown orakelt über harte Zeiten und Turbulenzen von 
außen, die es zu glätten gilt. Finanzminister Alastair Darling hat 
trotz expliziten geldpolitischen Nichteinmischungsgebots nichts 
Besseres zu tun, als der Zentralbank vorzurechnen, dass sie mit Blick
auf die Preisdaten noch einigen Senkungsspielraum hätte - zu einem 
Zeitpunkt, da die Regierung die Entscheidung zur Verlängerung des 
Mandats von Gouverneur Mervyn King bewusst nach hinten verlegte.
Allein schon wegen des ungebührlichen politischen Drucks ist zu 
begrüßen, dass die "Old Lady" standhaft und damit seriös bleibt. Um 
eine neue Zinssenkung zu begründen, braucht es genauere Daten zur 
Konsumkonjunktur als den Kursrutsch bei Marks&Spencer. Man muss sich 
auch darüber im Klaren sein, dass die britische Wirtschaft das 
überhitzte Tempo bei Kreditvergabe, Häuserpreisen und Output nicht 
durchhalten kann, ohne Inflationsziele zu verletzen.
Man könnte sogar sagen, dass die Kreditmarktkrise gerade recht 
kommt, um dringend benötigte Korrekturen einzuleiten. Es mag in den 
kommenden Monaten zwar noch Zinssenkungsbedarf geben, hoffentlich 
entscheiden darüber aber nicht die Panikmacher auf der High Street 
und in der Downing Street.

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