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Börsen-Zeitung: Jahr der bitteren Wahrheiten, Kommentar zu den Finanzmärkten von Frank Bremser

Frankfurt (ots)

Das Jahr 2009 wird ein Jahr der Wahrheiten
werden. Denn in diesem Jahr wird sich die Weltwirtschaftskrise in all
ihrer schaurigen Pracht entfalten. Vielen wird erst im Laufe des 
Jahres, wenn die schlechten Nachrichten immer mehr werden, klar 
werden, in welcher Situation die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft 
wirklich sind. Einen ersten Vorgeschmack auf das, was uns in den 
kommenden zwölf Monaten (und wohl noch darüber hinaus) erwartet, hat 
das noch junge Jahr bereits geliefert: Massenentlassungen bei Alcoa, 
eine Gewinnwarnung von Intel und der Antrag auf Gläubigerschutz von 
LyondellBasell in den USA - um nur drei zu nennen.
Diese Liste ist aber aus einem Grund interessant: Denn sie geht 
quer durch die Branchen: Schreckensmeldungen von einem 
Rohstoffunternehmen, von einer Computerfirma und sogar von einem 
Chemiekonzernen, als aus einer Branche, die als relativ gefeit gegen 
die Krise galt. Dies deutet schon an, wie umfassend die Krise ist, in
die die Weltwirtschaft geschlittert ist. Und der Zeitpunkt, zu dem 
diese Meldung kamen, nämlich schon früh im Jahr, bestätigt diese 
These. Denn noch sind die Unternehmen - bilanztechnisch - 
weitestgehend mit dem letzten Quartal 2008 beschäftigt, und die 
Schreckensmeldungen beziehen sich auf gerade zurückliegendes und in 
einem etwas geringerem Maße mit dem Ausblick auf 2009.
Der nächste Paukenschlag
Der nächste Paukenschlag kam zum Ende der Woche aus Deutschland: 
Die Teilverstaatlichung der Commerzbank. Diese Nachricht hat zwei 
Seiten: Zum einen ist dies sicherlich der eher kritisch zu 
bewertenden Ansatz des Staates als Unternehmer. Zum anderen macht die
Regierung mit der Übernahme von 25% plus 1 Aktie aber deutlich, dass 
sie fest vorhat, eines ihrer Versprechen zu halten: Nämlich dass kein
systemrelevantes Bankhaus pleite gehen wird, der Finanzsektor ist 
sicher. Und damit deuten diese ausgewählten Punkte zusammengenommen 
einmal mehr daraufhin, dass die Finanzkrise nun bei den Unternehmen 
einschlägt - was übrigens auch die Entwicklung der Creditspreads 
zeigt: Hier entwickeln sich derzeit die Finanzwerte deutlich besser 
als ihre Pendants aus dem Unternehmenssegment.
Der Beginn des krisenhaften Jahres 2009 ist gemacht, nun geht es 
in die Vollen: Denn in der neuen Handelswoche wird eine der meist 
beobachteten Nachrichten bereits am Montag erneut von Alcoa kommen: 
Der Aluminiumriese eröffnet traditionell die Bilanzsaison. Im 
Wochenverlauf folgen in den USA und Europa dann Metro mit einem 
Trading Statement 2008, Carrefour mit dem Jahresumsatz sowie Intel 
und Rio Tinto mit den Ergebnissen zum vierten Quartal. An diesen 
Zahlen werden sich dann die Bremsspuren der Weltkonjunktur zeigen, 
einige Analysten werden überrascht sein und noch mehr Anleger 
bestürzt.
Wer wird Millionär?
Doch selbst wenn die Konzerne vorerst noch einmal 
überraschenderweise "positiv überraschen" können sollten, für eines 
werden die Unternehmensdaten in Kooperation mit Konjunkturdaten wie 
dem Philadelphia-Fed-Index, dem Michigan-Verbrauchervertrauen oder 
den EWU-Verbraucherpreisen, garniert mit der Zinssitzung der 
Europäischen Zentralbank sorgen: Nämlich dafür, dass die Unsicherheit
steigt. Deshalb wird das Geschehen an den Finanzmärkten volatil 
bleiben - egal ob bei Aktien, Währungen, Rohstoffen oder 
Kreditderivaten.
Aber zumindest werden die Ausschläge weniger erratisch sein als 
noch im zurückliegenden Jahr. Bis wann diese Phase dauert? Wer diese 
Frage beantworten kann, wird Millionär. Und da das nur die wenigsten 
sein werden, werden sich viele Leute auf den vermeintlich einzigen 
noch bleibenden sicheren Hafen berufen, den der Finanzmarkt kennt: 
Und dies ist Gold, vor allem auch deshalb, weil der Dollar mehr und 
mehr diese Rolle zu verlieren scheint. Nicht umsonst haben Analysten 
und Anlageexperten wie etwa Jens Ehrhardt das Jahr des Goldes 
ausgerufen: Denn anders als andere Rohstoffe, die ihren Wert aus 
einer Knappheit herleiten und deshalb ebenfalls stark unter der 
Rezession zu leiden haben, ist Gold vor allem eine Alternativwährung,
die bei Anlegern ausnehmend beliebt ist. Und dies wird 2009, im 
unruhigen Jahr der bitteren Wahrheiten, noch lange so bleiben.

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