Börsen-Zeitung: Quasselbude, Kommentar von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Der Finanzplatz Deutschland ist zur Quasselbude verkommen. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dann kann er mit dem Drumherum um den Börsengang der Postbank nun als erbracht gelten. Der Stuss, der zu diesem Thema seit Wochen gesagt und geschrieben, gedruckt und gesendet wird, passt schon längst nicht mehr auf die sprichwörtliche Kuhhaut. Und unserer Gesellschaft, den Wirtschafts- und Kapitalmarktakteuren sowie nicht zuletzt etlichen Medien scheint es nicht mehr zu genügen, dem Defätismus zu huldigen und ins Misslingen verliebt zu sein das kennt man ja seit langem , nein, heutzutage geht man einen Schritt weiter und frönt dem Selbstzerstörungstrieb. Der Eindruck drängt sich geradezu auf, dass viele in unterschiedlichen Rollen direkt oder indirekt Beteiligte nichts Wichtigeres zu tun haben, als das Initial Public Offering (IPO) der Postbank niederzumachen.
Früher wurden Medienschaffende dafür bezahlt, Neuigkeiten zu verbreiten. Heute wird das Geld mit no news verdient. Sprecher Preisspanne für Postbank-Aktien wird nicht gesenkt, irrlichterte es gestern über die Bildschirme. Eine Neuigkeit, die es wert ist, eine Nachricht daraus zu machen? Aufgabe von Fondsmanagern war es einmal, das Geld der Anleger möglichst gewinnbringend zu verwalten. Heute dagegen gefallen sich allzu viele Vertreter der Investorenzunft darin, coram publico Preisverhandlungen mit Emittenten zu führen. Händler, Analysten, Konsortialkreise schwätzen drauflos, als würden Boni neuerdings für den größten Mumpitz ausgeschüttet. Medien sind dankbare Abnehmer. Und eine Quelle findet sich von Krethi bis Plethi immer. Agenturmeldung: Bei 28 Euro hätten sicherlich mehr Fonds zugegriffen", meinte ein Mitarbeiter (sic!) einer Konsortialbank. Danke für diese bahnbrechende Erkenntnis! Auf die Idee wären wir nie gekommen. Oder: Im Bankenkonsortium, war an anderer Stelle zu lesen, würden mittlerweile Änderungen der Rahmenbedingungen für denkbar gehalten. So könnte das Platzierungsvolumen verringert oder die Preisspanne gesenkt werden. Toll, dass wir endlich auch diese Binsenweisheiten erfahren durften. Sorry, aber Modifizierungen sind bei jedem Börsengang von Anfang an denkbar.
Man könnte dieses Blabla einfach ignorieren, würden sich die, wie der Hesse sagt, Schlechtbabbler nur selbst lächerlich machen. Doch so ist es leider nicht. Denn die tratschsüchtigen Akteure reden nicht nur systematisch diesen Börsengang herunter, sondern schaden damit massiv auch dem Finanzplatz Deutschland, für den gerade das Postbank-IPO von herausragender Bedeutung ist. Damit sägen sie an dem Ast, auf dem wir alle sitzen. Auch sie selbst.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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