Börsen-Zeitung: Kommentar von Brunfrid Rudnick zum Zwischenbericht von Rheinmetall: Weniger ist mehr
Frankfurt (ots)
Rheinmetall ist ein exemplarischer Fall für den erfolgreichen Wandel eines breit diversifizierten Konzerns zu einem Unternehmen mit wenigen ausgewählten Sparten. Der Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt hat seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 etwa die Hälfte des damaligen Umsatzes durch Desinvestitionen abgeworfen. Der zuletzt gezogene Trennungsstrich zum Unternehmensbereich Electronics war so einfach nicht, da dessen bereinigte Ebit-Rendite 2002 von rund 10% die anderen Sparten weit in den Schatten gestellt hat.
Resultat des radikalen Konzernumbaus: Die (unbereinigte) Ebit- Rendite des Jahres 2000 hat sich bis 2003 weit mehr als verdoppelt (nach Bereinigung), und im ersten Halbjahr 2004 wurde das operative Ebit noch um 3 Mill. Euro auf 77 Mill. Euro verbessert, obwohl gegenüber dem Referenzzeitraum durch Desinvestitionen annähernd ein Viertel Umsatz fehlte. Die operative Rendite zog um ein gutes Drittel an. Mit Fug und Recht wurde denn auch der Zwischenbericht unter das Motto gestellt: Weniger ist mehr.
Obwohl sich der Trend in der zweiten Jahreshälfte fortzusetzen verspricht, haben die Anleger die Botschaft des Zwischenberichtes offenbar nicht positiv verstanden. Die Aktie driftete ab, wenngleich weniger stark als der MDax. Als Erklärung dafür bietet sich an, dass es für die strikte Konzentration auf die zwei Geschäftsfelder Automotive und Defence bereits in den vergangenen Monaten Vorschusslorbeeren gegeben hat. Binnen Jahresfrist hat sich die Vorzugsaktie von unter 20 Euro auf derzeit um 32 Euro hoch gehangelt. Möglich, dass die Anleger jetzt auf eine neue Story warten.
Immerhin ist es Eberhardt gelungen, bei den institutionellen Investoren, besonders im Ausland, Interesse für die Aktie zu wecken. Er ist mit seiner strikt verfolgten Strategie auf Zustimmung gestoßen, und auch die verstärkte Coverage durch Finanzanalysten zeigt ein nachhaltiges Echo. Vor allem ausländische Institutionelle haben zu steigenden Kursen insbesondere in die Vorzugsaktie investiert. Ihr Aktienbesitz hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt. Nun muss Eberhardt den Erwartungen gerecht werden und den klar strukturierten Konzern auf dem Kurs steigender Profitabilität halten.
Der erfolgreichen Fokussierung wird nun eine Phase mit höherem Risikogehalt folgen. Rheinmetall hat sich in einigen sehr dynamischen Marktsegmenten als Automobilzulieferer und als Nutznießer der Streitkräftetransformation etabliert, um pro Jahr etwa 5% organisches Wachstum zu generieren. Wirkliche Werttreiber aber sind Akquisitionen. Im Aktienkurs ist also auch ein latentes Investitionsrisiko enthalten.
(Börsen-Zeitung, 7.8.2004)
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