Börsen-Zeitung: Systemtest für den Pfandbrief, Kommentar zum Fall AHBR von Kai Johannsen
Frankfurt (ots)
Seit Friedrich dem Großen ist noch kein Pfandbrief ausgefallen. Das mit Krediten an die öffentliche Hand oder Hypothekenforderungen gedeckte Papier genießt nicht nur in Deutschland, sondern mittlerweile bei Investoren in der ganzen Welt höchstes Ansehen gerade wegen seines Sicherheitscharakters. Selbst die eher zurückhaltenden asiatischen Zentralbanken engagieren sich zunehmend in deutschen Pfandbriefen, um einen Teil ihrer Währungsreserven anzulegen.
Genau diese Sicherheit wird im Fall AHBR von Marktteilnehmern jetzt kritisch hinterfragt. Ist der Asset Pool tatsächlich so sicher, wie immer behauptet wird? Reichen die Zahlungen aus dem Deckungsstock aus, um die Gläubigeransprüche jederzeit und vollständig zu bedienen? Allein die Tatsache, dass im Handel mit dem Auftreten eines einzigen Ereignisses diese Fragen aufgeworfen werden, dürfte einige Investoren dazu veranlassen, bei Pfandbriefen in Zukunft noch genauer hinzusehen. Das Vertrauen ist zumindest etwas angekratzt. Der Worst Case im Fall AHBR wäre ein Zahlungsverzug, den die meisten Analysten heute noch ausschließen. Verwiesen wird auf die überdurchschnittliche Überdeckung der AHBR-Pfandbriefe von 7,5 bis 9% bei den öffentlichen Papieren und 10 bis 11% bei den Hypothekentiteln. Sollte sich allerdings herausstellen, dass einige Assets doch nicht die notwendige Qualität haben und Schwierigkeiten in der Bedienung der Ansprüche die Folge wären, käme das einem Desaster gleich.
Das Vertrauen in den Pfandbrief muss mit allen Mitteln erhalten werden. Akteure sehen zwei Lösungsmöglichkeiten. Kommt es nicht zum Verkauf der AHBR, muss die Bank rekapitalisiert werden. Das Institut müsste wieder in den Bereich eines Investment-Grade-Ratings gehievt werden. An eine neue Mannschaft wäre ein klar definierter Auftrag für das Hypothekengeschäft zu formulieren. Alternative zwei wäre die Herauslösung der Pfandbriefportfolien, die von einem anderen Emittenten übernommen und unter seinem Dach fortgeführt würden. Die Pfandbrief-Community ist jetzt gefordert, aus dem Systemtest AHBR kein Debakel werden zu lassen. Schließlich ist der Pfandbrief das Vorbild für den Covered Bond in vielen europäischen Ländern. Ein Schaden bliebe deshalb nicht nur auf Deutschland begrenzt.
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