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Börsen-Zeitung: Geteilte Bankenwelt, Kommentar zu den überraschend guten Zahlen der drittgrößten US-Bank JP Morgan Chase von Bernd Neubacher

Frankfurt (ots)

Sind die Verhältnisse in den USA ein Maßstab,
dann lässt sich den Investmentbanken in Europa eine solide 
Berichtssaison prophezeien. Zwar haben Sondereffekte das 
Konzernergebnis von JPMorgan Chase im Schlussquartal 2005 geschönt. 
Die Resultate der Einheit Investmentbank können sich jedoch auch 
isoliert sehen lassen.
Um jeweils rund die Hälfte hat die ertragsstärkste Sparte 
Einnahmen und Ergebnis zum Vorjahreszeitraum heraufgefahren. Bei 
genauerer Betrachtung stellt sich zwar heraus, dass die Dynamik vor 
allem auf den wechselhaften Eigenhandel zurückgeht, während das 
Gebührenaufkommen im klassischen Investment Banking um wenig mehr als
ein Drittel zulegte. Sei es drum: Die Pipeline für weitere 
M&A-Transaktionen ist gefüllt, wie die Bank wissen lässt, und auch in
anderen US-Investmentbanken wird derzeit ja prophezeit, dass das 
Geschäft mit Übernahmen und Fusionen fürs Erste brummen wird.
Wenn die Anleger den Wert zur Wochenmitte dennoch links liegen 
ließen, dann zeugt dies vom Unbehagen, das sie angesichts der 
Entwicklung im Retail Banking beschleicht. Zu Recht: Der 
konjunkturelle Ausblick, der jüngste Zinsanstieg und der Abschwung 
auf dem Immobilienmarkt lassen in den USA das Massengeschäft lahmen. 
Die Nettozinsspannen halten sich trotz der inversen Zinskurve zwar 
wacker. Wachstum aber findet derzeit kaum statt; stattdessen lasten 
wachsende Rückstellungen für Verluste aus dem Kreditgeschäft auf dem 
Ergebnis, und zwar branchenweit, wie schon die Ergebnisse der 
Regionalbank US Bancorp sowie - eingeschränkt - von Wells Fargo 
zeigten. Ab sofort entfällt überdies der günstige Basiseffekt, den 
Vorzieheffekte vor Verschärfung des US-Schuldnerrechts im Oktober 
2005 erzeugt hatten und der im gesamten vergangenen Jahr die 
Risikovorsorge kräftig aufhübschte.
Vor diesem Hintergrund wird mancher Investor der Veröffentlichung 
der Ergebnisse von Bank of America am kommenden Dienstag 
entgegensehen - der Retail-Riese aus North Carolina erwirtschaftete 
im dritten Quartal 2006 mehr als die Hälfte seiner Erträge und 
Gewinne im Massengeschäft und dürfte nun mehr denn je den Drang 
verspüren, das Auslandsgeschäft auszubauen. Denn die Retail-Flaute 
findet lokal, der M&A- und Kapitalmarkt-Boom aber global statt. Den 
Wettbewerbern in Europa wird dies momentan sehr recht sein.

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