Weser-Kurier: Kommentar zu Subventionen für Atomkraft
Bremen (ots)
Das ist schon eine abenteuerliche Idee: Atomkraftwerke sollen künftig wie Solaranlagen oder Windräder als schadstoffarme Technologien eingestuft werden. Darauf können nur Länder kommen, die beim Bau neuer AKW auf der Stelle treten, weil es mit der Finanzierung hapert. Noch sind es nur Wünsche, und der Versuch ist nicht strafbar. Aber Brüssel sollte auf die Initiative Frankreichs, Großbritanniens, Polen und Tschechiens nicht eingehen. Und die Regierung in Berlin sollte erst recht widerstehen. Die bisherige vornehme Zurückhaltung liegt hoffentlich nur daran, dass es noch keine offiziellen Vorschläge aus Brüssel gibt, und nicht daran, dass wieder der Konflikt aus dem vergangenen Jahr aufbrechen könnte: hier Umweltminister Röttgen (CDU), der Tempo macht bei der Energiewende, dort Wirtschaftsminister Rösler (FDP), der bremst. Die Gleichsetzung von Atom- und Ökoenergie ist absurd. Bei der Förderung von Wind-, Sonnen- und Biomassestrom ging und geht es darum, einer neuen Energieform voranzuhelfen, weil sie es alleine nicht schafft. Und der Staat hilft aus einem guten Grund: Die Vorräte an Kohle, Gas und Öl sind endlich, ihre Verbrennung verursacht immense Klimaprobleme. Eine Umkehr in Richtung erneuerbare Energien ist dringend notwendig. Die Kernkraft ist bereits etabliert, und die Atomindustrie in Europa hat schon viele Milliarden an Hilfen bekommen, zum Beispiel für die Forschung, aber auch beim Bau von Meilern sprangen viele Länder ein. Das stärkste Argument gegen die Gleichsetzung ist jedoch: Die Atomkraft birgt enorme Risiken, was nicht zuletzt Fukushima vor gut einem Jahr deutlich gezeigt hat. Ganz zu schweigen von der ungeklärten Frage, wie und wo der Atommüll letztendlich gelagert werden soll. Nein, alle seriösen Studien sagen: Es ist möglich, bis 2050 nahezu komplett auf erneuerbare Energien umzusteigen. Das Ziel muss sein, den Strom umweltschonend und sicher zu produzieren. Beide Kriterien erfüllt nur die Energie aus Wind, Sonne und Wasser - die Atomkraft nicht. Deutschland steht im Übrigen mit seiner Atomskepsis nicht alleine da, wie es häufig heißt. Italien, Österreich und Irland etwa, alle AKW-frei, teilen diese Sichtweise, Belgien beginnt 2015 mit dem Atomausstieg. Und im sonnigen Spanien, das stärker als viele andere Länder auf erneuerbare Energien setzt, wächst ebenfalls die Atomkritik. Auch Madrid dürfte wissen: Wo Kernkraft gepäppelt wird, fehlen Hilfen beim Ausbau der Erneuerbaren. Die Gelder sind eben nur einmal zu verteilen.
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