Kommentar
Europa darf sich nicht erpressen lassen = von Florian Rinke
Düsseldorf (ots)
Je näher die US-Wahlen rücken, umso mehr lässt Präsident Donald Trump den Handelskonflikt mit China eskalieren. Ein Verbot von Tiktok und anderer chinesischer Apps würde eine Zweiteilung des Internets bedeuten. Der Gedanke eines weltumspannenden Netzes, das Informationen für alle frei zugänglich macht, wäre endgültig konterkariert.
Es gibt gute Gründe dafür, die chinesische Digitalpolitik kritisch zu sehen. Das Land schirmt sein Netz nach außen hin ab, wer Zugang will, muss sich der Staatskontrolle unterwerfen. Das ist weder im Interesse der USA noch von Europa. Der freie Zugang muss genauso gewährleistet sein wie die Sicherheit der Daten. Dass aber ausgerechnet die USA Schnüffelvorwürfe erheben, entbehrt nicht einer gewissen Komik - hatte man doch wenig moralische Bedenken, als es darum ging, Mobiltelefone befreundeter Regierungschefs von den eigenen Geheimdiensten ausspähen zu lassen.
Aber es ist ja nicht nur Trump, der mit Drohungen sein Gegenüber erpressen will. Auch die Versuche, den Bau der Nordstream-Pipeline in der Ostsee zu verhindern, erinnern mehr an Mafia-Methoden als an Diskussionen befreundeter Staaten.
China ist es gelungen, durch die Abschottung des Internets eigene digitale Champions aufzubauen. Für jedes dominierende US-Tech-Unternehmen gibt es praktisch ein chinesisches Pendant. Das schafft ein Stück weit Unabhängigkeit, die Europa fehlt. Ohne US-Konzerne wie Apple, Microsoft, Google oder auch Visa oder Mastercard ginge hier nicht viel. Europa sollte daran arbeiten, diese Ungleichgewichte zu beheben. Verstecken muss man sich bis dahin nicht. Allein als Wirtschaftsraum ist der Kontinent zu wichtig für die US-Unternehmen. Und genau deren Leistungsfähigkeit muss Trump erhalten, wenn er seine Chancen auf eine Wiederwahl nicht noch mehr schwächen möchte.
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