Lausitzer Rundschau: Franziskus' Feuertaufe Zum Weltjugendtreffen in Brasilien
Cottbus (ots)
Es ist ein echter Franziskus: Schon bei der Anreise zum katholischen Weltjugendtag in Brasilien strandet die päpstliche Wagenkolonne in der Menschenmenge. Selbstverständlich lässt der Papst die Autofenster offen, selbstverständlich segnet er Kinder und schüttelt Hände. Der Albtraum aller Sicherheitskräfte ist der neue Stil der katholischen Kirche - das demonstrative Zugehen auf einfache Menschen, auf Arme und Ausgegrenzte in den Favelas, in Gefängnissen und Krankenhäusern. Beim Weltjugendtag, im heimatlichen Südamerika, lebt Franziskus diesen Stil. Er besucht jugendliche Strafgefangene, eine Klinik für Drogenabhängige, ein Armutsviertel. Das ist auch eine Botschaft an die Jugendlichen aus der ganzen Welt: Seht her, auch das sind Menschen. Seht her, auch sie gehören dazu. Das sind wichtige Signale in einem Land, in dem die Menschen seit Monaten auf die Straße gehen, gegen soziale Ungleichheiten und Entrechtungen protestieren. Es sind aber auch wichtige Signale an die Kirche. "Wir müssen wieder eine Kirche der Armen werden" - das ist das Motto von Franziskus, das auch über diesem Besuch in großen Lettern zu schweben scheint. Und: "Die Kirche braucht Erneuerung. Sie setzt auf Euch, die Jugendlichen." Doch wird das bei den jungen Menschen ankommen? Werden sie die Reise, die für viele von ihnen die erste große Auslandsreise sein dürfte, auch in ihrer Erinnerung mit solchen Gesten und Worten verbinden? Ist Rio de Janeiro für sie mehr als ein Cocktail an der Copacabana und ein großes Zeltlager mit Gleichgesinnten? In Deutschland, beim Weltjugendtag in Köln, gründete sich unter großem Mediengetümmel eine "Generation Benedikt". Doch von irgendeinem Aufbruch war in der katholischen Kirche seitdem nicht viel zu spüren. Und die "Generation Benedikt" von damals ist heute kaum mehr als ein Grüppchen ewig konservativer Talkshow-Querulanten, deren Vertreter vorwiegend dann ins Bild geholt werden, wenn bei irgendeiner Abtreibungsdebatte eine absolute Außenseiterposition gesucht wird. Für Franziskus jedenfalls ist der Weltjugendtag die erste große Feuerprobe. Es wird prägend für das künftige Bild des Papstes sein, ob und wie er die Menschen dort erreicht. Und bei aller Begeisterung für das neue Kirchenoberhaupt: Zumindest zu Beginn seiner ersten Auslandsreise sind auch Änderungen festzuhalten. Während es unter Benedikt XVI. bei jeder Reise auch Gespräche etwa mit Vertretern der Ökumene gab, fällt das bei Franziskus unter den Tisch. Obwohl in Brasilien die konservativen Protestanten, die Evangelikalen, immer mächtiger werden und der katholischen Kirche immer mehr Mitglieder abjagen, stellt sich der Argentinier nicht dem Dialog mit ihnen. Weswegen der Besuch in Brasilien nicht nur die erste Auslandsreise des neuen Papstes sein könnte. Es könnte auch das erste Mal in seinem Pontifikat sein, dass Franziskus eine Chance verpasst.
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