Lausitzer Rundschau: Deutschland zwei Jahre nach dem 11. September
Cottbus (ots)
Die Deutschen hatten sich in den Clinton-Jahren an ein zögerliches, vorsichtiges Amerika gewöhnt, das erst eingreift, wenn diplomatische Wege erfolglos enden. Aber nach der Tragödie des 11. September gilt das alles nicht mehr, geht Washington fast jedes Risiko ein und schafft selbstherrlich Fakten. Früher, in der Konfrontation mit der waffenstarrenden Sowjetunion, war die Gefolgschaft der Verbündeten für sie eine Frage des Überlebens. Jetzt hat man einfach weggehört, als Bush unter donnerndem Beifall des Kongresses nichts anderes einforderte, als genau diese alte, beinahe schon vergessene Gefolgschaft. So kam mit dem Terror der Riss in die deutsch- amerikanischen Beziehungen. Was wir dabei erleben, ist ein Streit um die angemessene Sicherheitsstrategie. Die aber wird immer von dem bestimmt, der notfalls auch die Mittel hat, sie durchzusetzen. Dies galt im Balkan, dies gilt in Afghanistan und dies gilt auch in der Konfrontation mit den arabischen Diktatoren. Warum deutsche Soldaten jetzt in Kabul patrouillieren und nicht auch in Bagdad wurde zu einer Prinzipienfrage. Aber es hilft wenig angesichts der Massengräber zwischen Euphrat und Tigris, das Völkerrecht zu mobilisieren. Davon hat Deutschland sich beim Feldzug im Kosovo auch nicht aufhalten lassen. Die USA aktivierten für den Irak gewaltige Ressourcen. Ihre gesamte Volkswirtschaft, insbesondere ihre sowieso schwachen sozialen Sicherungssysteme werden stark strapaziert. Bei allen Zweifeln und all der Kritik im eigenen Lande will sich doch kaum einer verabschieden von diesem schwierigen Unternehmen. Man wird den Menschen dort schwer ausreden können, dass sie die Bürde auch stellvertretend für andere tragen. Und es hilft auch nicht zu erklären, dass das Chaos im Irak sei erst entstanden, nachdem die Amerikaner in den Krieg zogen. Es ist ja nirgendwo alles beim Alten geblieben nach dem Schock des 11. September. Das Königshaus der Saudis steht mit dem Rücken zur Wand und spricht von Reformen. Ghaddafi will sich mit Milliardenbeträgen freikaufen von seinen Verbrechen. Arafat begreift langsam, dass seine Stunde geschlagen hat, wenn er nicht etwas unternimmt gegen die Todeskommandos. Und der Sohn des Schlächters Assad weiß, dass sein Regime nicht länger ungestraft den Terror- Paten spielen kann. Dies alles hat mit dem Irak zu tun und dies ist nur der Anfang eines Umwälzungsprozesses mit ungewissem Ausgang. Sicher, die USA sind nicht der große Bruder und sie machen Fehler zuhauf. Sicher, freie Nationen können die Gefolgschaft verweigern, auch wenn der Bündnispartner ruft. Aber natürlich hat eine solche Weigerung auch Folgen. Wer könnte jetzt etwas anderes wollen, als ein Regime in Bagdad, das die Menschenrechte respektiert, den Frieden will und sich dem Willen des eigenen Volkes unterwirft? Die Bundesregierung mag sich andere Antworten auf den Horror des 11. September gewünscht haben. Aber sie sollte sich jetzt nicht länger der Gefolgschaft verweigern.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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