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WAZ: Die rote Linie ist überschritten - Kommentar von Thomas Wels

Essen (ots)

Nun ist passiert, was zu erwarten war: Die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem Präsidenten Draghi überschreitet die rote Linie, bricht mit dem Tabu, wonach sich die Notenbank aus einer Staatenfinanzierung herauszuhalten hat. Sie bricht auch mit dem Gesetz, das die EZB in erster Linie dem stabilen Geldwert verpflichtet. Und zu guter Letzt setzt sie Steuerzahler ohne demokratische Legitimation einem enormen Risiko aus. Schon heute hat die EZB Anleihen in Höhe von 211 Milliarden Euro in den Büchern. Das Risiko der Deutschen beträgt rund 70 Milliarden im Falle von Zahlungsausfällen der Schuldner. Das alles zeigt, wie groß die Not und Einfallslosigkeit der Euro-Retter ist. Und es zeigt, wie hart die Bandagen im Kampf um Milliarden inzwischen gebunden sind. Dass Draghi öffentlich macht, dass Bundesbankpräsident Weidmann die einzige Gegenstimme abgab, ist ein Affront gegen die deutsche Position. Der Lastesel wird fürs Lastentragen auch noch verhöhnt. Nichts ist alternativlos. Auch nicht in der Euro-Krise. Deshalb wiegen diese Anleihekäufe, die dem Anwerfen der Notenpresse gleichkommen, so schwer. Eine Notenbank, die sich an die Seite der Regierungen hoch verschuldeter Staaten stellt, wendet sich womöglich gegen die Sparer eben dieser Staaten. Eine steigende Teuerung entwertet die Kaufkraft der Spargroschen, sie schmilzt aber auch den Schuldenberg der Staaten ab. Inflation tut Schuldnern gut und Sparern weh. Genau deshalb ist die Notenbank unabhängig: damit sie sich nicht mit der Politik gemein macht, die grundsätzlich immer mehr Geld ausgeben will, statt zu sparen. Mit dem Prinzip hat Draghi gebrochen. Ob die Verpflichtung Not leidender Staaten, sich bei etwaigen Anleiheaufkäufen politischen Auflagen zu unterwerfen, den Schritt weniger dramatisch macht, bleibt abzuwarten. In jedem Fall ist die Tür nun auf, die Deutschen sind überstimmt; was kein Wunder ist, weil sie nun einmal die größte Last zu tragen und die Südländer den Vorteil haben. Es ist schwer, vom gemeinsamen europäischen Haus zu schwärmen, wenn einer der Architekten aus dem Fenster gehängt wird.

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