Westfalenpost: Im Ausnahmezustand
Hagen (ots)
Christen zwischen Ideal und Wirklichkeit Von Andreas Thiemann "Lebendig und kräftig und schärfer" lautet das Motto des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der heute in Köln beginnt und unter dem urchristlichen Symbol des Fisches am Rheinufer bis zum Sonntag andauert. Das gewählte Bibel-Wort aus dem Hebräer-Brief vermittelt Selbstbewusstsein, Zuversicht und Profilbereitschaft. Und tatsächlich werden auch wieder weit über 100 000 Menschen kommen, um gemeinsam zu beten, zu singen und kontrovers zu diskutieren. Ja, der Kirchentag ist auch in seiner 31. Auflage die Fortsetzung einer evangelischen Erfolgsgeschichte. Und dennoch kann das markige Auftreten in Quantität und Qualität nicht darüber hinwegtäuschen, dass bis Sonntag nicht der christliche Alltag, sondern vielmehr der idealisierte Ausnahmezustand gefeiert wird. Immerhin aber werden in Köln die Umweltbewegten und die Friedfertigen, die Gläubigen und die Konfessionsüberdrüssigen ihre Stimmen im gewaltfreien Protest erheben. Sie werden die Welt nicht sonderlich verändern, aber sie werden im erlebten Wir-Gefühl die eigene Position für die Zeit nach dem Kirchentag stärken. Für die Zeit, wenn sie wieder zu Wenigen oder gar zu Einzelnen inmitten einer Gesellschaft werden, die die Kirche noch duldet, ihr aber kaum mehr eine werttragende und wertbestimmende Rolle zubilligt. Man darf auch gespannt sein, ob gerade in Köln, einer Hochburg des Islam in Deutschland, der von den Kirchentagsorganisatoren erhoffte Dialog mit den Moslems ein wirklich nennenswertes Niveau erreichen kann. Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen jedenfalls Zweifel angebracht.
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