Mittelbayerische Zeitung: Zum Verhältnis der EU und Ungarn /Ungarns Teflon-Orban kocht auf kleiner Flamme
Regensburg (ots)
von Ulrich Krökel
Die Europäische Union hat schon manchen Problempolitiker erlebt und ertragen. Man denke nur an den Italiener Silvio Berlusconi, den Österreicher Jörg Haider oder den Polen Jaroslaw Kaczynski. Meist tummeln sich die EU-Verächter am rechten Rand des politischen Spektrums. Das liegt in der Natur der Sache, denn wer als Nationalist Populismus betreibt, kann schlecht die Idee eines internationalen Staatenbundes gut finden. Europas aktueller Problemfall, der Ungar Viktor Orban, ist in der gleichen Spur unterwegs. Mit seiner neuen Verfassung hat er seinem Land ein paternalistisch-autoritäres System verordnet. Und wieder einmal weiß die EU nicht, wie sie den Herausforderer in seine Schranken weisen soll. Gegen Haider hat man es mit Sanktionen probiert und fand den Ball schließlich im eigenen Tor wieder. Berlusconi und Kaczynski wurden erduldet und ausgesessen (was im Fall des Italieners quälend lange dauerte). Gegen Orban hat Brüssel nun Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Doch was einen Heißsporn wie Kaczynski vermutlich auf die Zinne getrieben hätte, lässt der kühl kalkulierende Stratege aus Budapest locker-leicht an sich abperlen. Alle Fragen, "so schwierig sie auch sein mögen", werde er "gemeinsam mit der EU" beantworten, wiederholt er gebetsmühlenartig. Orban ist das, was im englischen Sprachraum gern als Teflon-Politiker bezeichnet wird. Er verfügt über eine Schutzschicht, an der nichts haften bleibt. In Brüssel gibt Orban den missverstandenen magyarischen Landesvater, der "absolut bereit ist", sich EU-Vorgaben zu beugen. Auf diese Weise gelingt es ihm, den Konflikt gar nicht erst hochkochen zu lassen. Das gibt ihm die Freiheit, in der Heimat an seiner autoritären Politik festzuhalten. Denn an der in demokratischen Verfahren beschlossenen antidemokratischen ungarischen Verfassung kann die EU nicht rütteln. Seine Teflon-Taktik macht Orban so gefährlich - gefährlicher, als Berlusconi, Haider und Kaczynski es je waren.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell