Neue Westfälische: Streit in der Union Vielstimmiger Chor ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Die Union steckt in der Krise. Zwei Tage nachdem der CDU-Bundesvorstand neue Eintracht beschwor, herrscht wieder blanke Zwietracht. Beim Thema Jobcenter tobt beispielsweise ein Richtungsstreit zwischen Bundestagsfraktion und Ministerpräsidenten. Die Bundeskanzlerin schwebt präsidial obendrüber und gibt selbst keine Linie vor. Angela Merkel ist manchmal zweifellos entscheidungsschwach. Doch es ist Unfug, die Krise der Union vor allem an Angela Merkel festmachen zu wollen. Dagegen sprechen schon ihre persönlich durchweg robusten Umfragewerte. CDU und CSU leiden wie die Sozialdemokraten an einem Verlust an Stammwählern. Die Union muss sich deshalb öffnen und modernisieren. Wer nun aufgrund aktueller Enttäuschungen ein stärker konservatives Image fordert, verkennt die Zeichen der Zeit. Die Welt ändert sich. Wer etwa heutzutage die CDU als stramme Vertriebenenpartei inszenieren möchte, wird Schiffbruch erleiden. Wer meint, dass die Parteien mit dem C im Namen jede Äußerung des Vatikans schweigend hinnehmen oder offiziell abnicken müssten, der verkennt, dass auch die katholische Wählerschaft keinen monolithischen Block mehr darstellt. Merkel ist liberaler und moderner als manch konservativer Stammwähler. Aber ohne eine behutsame Modernisierung wird die Union auf Dauer keine neuen Anhänger dazugewinnen können. Dass CDU und CSU straucheln, liegt am Gesamtbild. Zur Wahrheit gehört es doch, dass es den CDU-Ministerpräsidenten vor allem um den eigenen Machterhalt geht. Ihre Bindung an Berlin ist lose. Wenn es ihnen passt, profilieren sie sich ungeniert auf Kosten ihrer Vorsitzenden. CSU-Chef Horst Seehofer inszeniert sich gar lustvoll als der König aller Quertreiber. Da ist es kein Wunder, dass die Union derzeit als misstönender, vielstimmiger Chor auftritt.
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