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Neue Westfälische (Bielefeld)

Neue Westfälische: KOMMENTAR Afghanistan Ohne Fingerspitzengefühl ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Bielefeld (ots)

Der Vorfall in Kunduz ist noch nicht restlos
aufgeklärt. Doch das von einem deutschen Offizier angeforderte 
Bombardement kostete wohl nicht nur Taliban das Leben. Auch 
Zivilisten wurden getötet und verletzt. Man sollte sich zwar hüten 
ohne Faktenwissen die Anforderung der US-amerikanischen Flugzeuge 
vorschnell zu verurteilen. Hätten die Taliban die beiden entführten 
Tanklaster tatsächlich benutzt, um auf den deutschen Stützpunkt in 
Kunduz einen Selbstmordanschlag zu verüben, wäre das Wehklagen groß 
gewesen.
Der Vorfall untermauert aber eine Binsenwahrheit. Der Einsatz am 
Hindukusch führt zu moralischen Grauzonen, denen jede Eindeutigkeit 
fehlt und die auch schuldig machen. Umso wichtiger ist es, dass ein 
Verteidigungsminister diese Dimensionen berücksichtigt. Franz Josef 
Jung hat das nicht geschafft. Er hat so getan, als handele es sich 
bei dem Bombardement um eine Routine-Angelegenheit. Er hat 
gebetsmühlenartig wiederholt, dass es keine zivilen Opfer gegeben 
habe. Worte des Bedauerns und des Mitgefühls sind ihm nicht über die 
Lippen gekommen. Kein Wunder, dass Angela Merkel das Thema 
Afghanistan nun besetzt und die Versäumnisse eigenhändig ausbügelt.
Es ist nun nicht so, dass Jung in seinem Amt laufend grobe Fehler 
gemacht hätte. Als Verteidigungsminister hat er etwa dafür gesorgt, 
dass der Wehrsold erhöht wurde. Aber ihm fehlt das politische 
Fingerspitzengefühl in brenzligen Situationen das richtige zu tun und
zu sagen. Gerade der in der Bevölkerung umstrittene 
Afghanistan-Einsatz verlangt in der Vermittlung emotionale 
Intelligenz. Floskelhafte Routine reicht da nicht. Dass Merkel nun 
kein dickes Personalproblem in den eigenen CDU-Reihen hat, liegt 
allein daran, dass in drei Wochen gewählt wird. Und dass Jung noch 
einmal zum Verteidigungsminister ernannt wird, erwartet nun wirklich 
niemand.

Pressekontakt:

Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de

Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell

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