Neue Westfälische: Neue Westfälische, Bielefeld: KOMMENTAR Im Nach-Krisen-Jahr Mut statt Übermut STEFAN SCHELP
Bielefeld (ots)
Wenn das kein Grund zum Jubeln ist: Zum ersten Mal seit September 2008, zum ersten Mal also seit dem Kollaps der Lehman-Bank - der Kernschmelze in der Finanzwelt - ist der Dax in der vergangenen Woche wieder über die Marke von 6.000 Punkten geklettert. Das bedeutet - aufs vermeintliche Katastrophen-Jahr gerechnet - immerhin einen Anstieg um 25 Prozent. "Ein positives Stimmungssignal" nennen das die Börsianer - und sind schon wieder in Sektlaune. Ruhiger schlafen können wir nach der "6.000-er Feier" aber auch nicht. Wir wollen schließlich nicht vergessen, dass die schwere Krise vor gut anderthalb Jahren von den (amerikanischen) Finanzmärkten ausging. Seither hat sich die Zahl der Investment-Banken zwar stark reduziert. Aber bedeutet das nicht, dass die Verantwortung einzelner noch größer geworden ist? Und das in einer Zeit, in der man den Eindruck gewinnt, das nur wenige Banker nach den Fehlern der Vergangenheit zu besseren Menschen geworden sind? Das sind, wenn wir ehrlich sind, keine rosigen Aussichten. Viele Manager verkünden mit stolzgeschwellter Brust, dass ihre Unternehmen nach den Katastrophen-Meldungen zur Halbjahreszeit besser durch die Krise gekommen sind als erwartet. Sie haben sich in die schwarzen Zahlen gespart. Den Umsatz halbiert, den Gewinn gerettet. Eine andere Wahl blieb ihnen nicht. In manch einem Unternehmen, so ist zu befürchten, ist damit das Pulver verschossen. Noch mehr Sparen geht nicht. Vielerorts ist das Liquiditätspolster aufgezehrt, ist die Eigenkapitalquote gefährlich in den Keller gerutscht. Springt die Konjunktur nicht kräftig an, geht es ans Eingemachte. Und das sind die Arbeitsplätze. Da können die Unternehmer noch so oft beteuern, dass die Mitarbeiter die wichtigste Ressource seien. Dass man sie halten werde, um mit ihrem Sachverstand beim Neustart schneller als die Konkurrenz Tempo aufnehmen zu können. Erschreckend viele werden diesen Neustart gar nicht mehr erleben. Die Rekordzahl von 34.000 Unternehmen haben 2009 Insolvenz angemeldet, im neuen Jahr gehen Experten gar von 38.000 Unternehmen aus. Das wird, das muss auf die Zahl der Arbeitslosen durchschlagen - wenn auch vielleicht nicht so stark wie noch vor ein paar Jahren befürchtet. Sicher, die Ökonomen sagen uns für 2010 ein Wachstum von rund 1,5 Prozent voraus. In normalen Jahren ist das ganz ordentlich. In einem Nach-Krisenjahr ermöglicht das allerdings keine großen Sprünge. Denn das Plus macht das satte Minus von rund fünf Prozent im Jahr 2009 keineswegs wett. Wir bleiben auf extrem niedrigem Niveau, den Vor-Krisen-Stand werden wir wohl erst wieder 2012 erreichen, prophezeien uns die Experten. Haben wir Ihnen Angst gemacht? Sei's drum. Dann blicken Sie noch einmal zurück auf die nachtschwarzen Prognosen aus dem zurückliegenden Jahr. Alles, was uns jetzt erwartet, ist besser als die Horrorszenarien der Vergangenheit. Und deshalb: Nur Mut! Aber keinen Übermut!
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