Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Nach dem Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht Andere Zeiten BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Wenn Kläger wie Beklagte mit einem Gerichtsurteil zufrieden sind, könnte dies für eine salomonische Entscheidung sprechen. Doch das ist es nicht, denn das Bundesarbeitsgericht entschied im Rahmen seiner Möglich- und Zuständigkeiten. Verfassungsrecht ist eher am Rande seine Sache. Darüber entscheiden allein die Kollegen in Karlsruhe. Die Begrüßungsrituale der Gewerkschaft Verdi und beider Großkirchen sprechen dafür, dass längst nicht alles geklärt ist, was rechtlich geklärt werden muss. Das aber ist eine ganze Menge. Denn es geht um mehr als den Sonderweg der Kirchen im Arbeitsrecht. Der wirklich entscheidene Punkt ist die Sonderstellung der Kirchen im Grundgesetz. Sie ist aus der Weimarer Verfassung ins Grundgesetz übernommen worden. Die Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der Reichsverfassung stammen aus der Zeit des Übergangs vom Kaiserreich zur Republik. Es waren Zeiten des Umbruchs, in denen die Verfassungsväter im August 1919 sich nicht mit allen Mächtigen anlegen wollten und konnten. Für Protestanten etwa waren bis zur Revolution die Durchlauchten die höchste Instanz nach dem Allmächtigen. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wiederum mussten sich abgrenzen vom atheistischen ostdeutschen Regime. Auch brauchte die zweite deutsche Republik die Kirchen als Hoffnungsgeber für die vom Krieg entwurzelten Menschen. Heute sind die Zeiten anders. Immer mehr Menschen stehen den Kirchen fern. Sie verstehen nicht, warum der Steuerbürger noch immer große Summen für Dotationen an die Kirchen oder für Domherren, Bischöfe und Präsides berappen muss. All dies könnte neben dem krichlichen Arbeitsrecht auf den Karlsruher Prüfstand gelangen. Kaum vorstellbar, dass die Kirchen dieses Tor aufstoßen wollen.
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