BGA Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
BGA: Handel erwartet 2008 Abflachen des Aufschwungs - Ein Zurück hinter die Reformagenda 2010 gefährdet weiteres Wachstum
03.01.2008 – 10:30
Berlin (ots)
"Der Handel erwartet, dass der Aufschwung 2008 an Kraft verliert und der Gegenwind rauer wird. Wirtschaftlich geht es zwar weiter bergauf, aber ohne Schwung. Der erwartete Wachstumsrückgang sollte der Politik Signal genug sein, den Wachs-tumsfaktoren mehr Aufmerksamkeit beizumessen. Ein Zurück hinter die Reformagenda 2010 würde das Erreichte gefährden." Dies erklärt Anton F. Börner, Präsi-dent des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), heute in Berlin anlässlich der Vorstellung der aktuellen Unternehmensbefragung des Verbandes.
Die euphorische Stimmung der Unternehmen, die noch vor einem Jahr dem Groß-handelsindikator einen Spitzenwert von 140 Punkten bescherte und dann im Laufe des Jahres 2007 abkühlte, gibt weiter nach und ist um rund sieben Punkte auf 112 Punkte gesunken. Er liegt aber weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt von rund 106 Punkten und damit noch knapp über dem Wert zum Start der Großen Koalition.
Die Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage mit 114 Punkten weiterhin positiver als die erwartete Geschäftsentwicklung mit 109 Punkten. Ursächlich dafür ist, dass wieder mehr Unternehmen niedrigere Umsätze verzeichnen. So haben vom Wachstum im Vorjahr ganz überwiegend die exportorientierten Großhandelsunternehmen profitiert, während insbesondere die konsumnahen Großhändler weiterhin auf den Aufschwung warten. Bei Investitionen und Beschäftigung gibt es erste Hin-weise, dass der Ausbau von Kapazitäten und Beschäftigung im Großhandel zum Erliegen kommt.
Insgesamt geht der BGA für das Jahr 2008 davon aus, dass die Umsätze im Groß-handel um nominal rund drei Prozent steigen auf etwa 790 Milliarden Euro nach rund 770 Milliarden Euro im abgelaufenen Jahr 2007. Die Zahl der Beschäftigten im Großhandel stieg 2007 um rund 7.000 und wird im kommenden Jahr mit voraussichtlich 5.000 neuen Jobs etwas geringer zunehmen.
Für das Wirtschaftswachstum 2008 erwartet der BGA nur noch einen Anstieg von 1,7 Prozent. Wesentliche Ursachen sind die nachlassende Dynamik im Außenhan-del und die ausbleibende Belebung des schwachen Binnenkonsums, der auch 2008 nicht so in Fahrt kommt, wie es erforderlich wäre, um das Wachstum von 2007 zu halten.
In steigenden Rohstoff- und Energiekosten sehen die Unternehmen neben den ge-stiegenen Risiken aus den Geld- und Finanzmärkten und einem weiter schwächeln-den US-Dollar ein gravierendes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung in 2008. Über 80 Prozent fürchten steigende Einkaufspreise, sie zwingen jedes fünfte Unter-nehmen zu weiteren Rationalisierungen, jedes dritte sieht sich gezwungen, seine Verkaufspreise anzuheben. Für mehr als jedes vierte geht dies zu Lasten von Umsatz und Ertrag.
"Diesen erschwerten konjunkturellen Rahmenbedingungen muss die Politik Rech-nung tragen. Die Unternehmen des Großhandels halten Reformen in der Steuer- und Sozialpolitik sowie auf dem Arbeitsmarkt für eine Daueraufgabe und fordern von der Bundesregierung, dass sie im Reformelan nicht nach lassen darf", führt der BGA-Präsident aus.
Die aktuelle Umfrage zeigt einen eklatanten Gegensatz zwischen der Notwendigkeit und der Erwartung weiterer Reformen: 89 Prozent halten weitere grundlegende Re-formen für erforderlich, hingegen erwarten 97 Prozent der Unternehmen nur noch Detailänderungen. Mehr als drei Viertel der Großhandelsunternehmen halten die Unternehmensteuerreform für korrekturbedürftig. Auch die Reform der Erbschafts-teuer mit der Kombination aus Stundung und komplizierten Fortführungsklauseln stößt beim Mittelstand auf Skepsis. 58 Prozent der befragten Unternehmen halten die Ausgestaltung für unzureichend und bürokratisch. 78 Prozent der Befragten hal-ten die Verlängerung des Renteneintrittalters auf 67 Jahre unumgänglich, fast jeder zweite ist sogar der Auffassung, dass weitere Schritte erforderlich sind. "Solche notwendigen Schritte mögen den reformmüden Bürgern nicht leicht vermittelbar er-scheinen, doch eröffnen sie Entlastungsspielräume für das soziale Sicherungssystem", zeigt sich Börner überzeugt.
Rund ein Viertel der Unternehmen befürchten bei staatlichen Mindestlöhnen zu-nehmenden Rationalisierungsdruck. "Statt eines Mindestlohnes ist es Aufgabe des Sozialstaates, ein Mindesteinkommen zu ermöglichen, das sich am Existenzminimum orientiert und niedrige Löhne für einfache Tätigkeiten beispielsweise mittels Steuergutschriften aufstockt", appelliert Börner an die Politik.
"Wir müssen die Leistungsbereitschaft der Menschen wieder mobilisieren. Die im internationalen Vergleich niedrige Selbständigenquote ist auch Ausdruck dafür, dass mutiges und risikobehaftetes Handeln mit Steuern und Abgaben immer noch be-straft, denn gefördert wird. Dies gilt aber ausdrücklich auch für die Arbeitnehmer. Reformen, die zu sinkenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie weni-ger und einfachen Regelungen führen, müssen dazu auf der Agenda bleiben", so Börner abschließend.
01, Berlin, 3. Januar 2008
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