Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Bundeshaushalt
Bielefeld (ots)
Es ist nur ein Plan, und zwischen Etatentwurf und haushaltspolitischer Wirklichkeit liegt mindestens eine Bundestagswahl. Doch was die Regierung Merkel gestern im Kabinett beschlossen hat, verdient trotzdem Lob. Geht es nach Finanzminister Wolfgang Schäuble, wird 2014 das letzte Jahr sein, in dem der Bund mehr Geld ausgibt als er einnimmt. 2015 soll endlich gelingen, was es seit 1969 nicht mehr gab: Der Bund erwirtschaftet einen Überschuss. Für Euphorie ist es freilich zu früh, denn es ist nicht lange her, dass sich Schäubles Amtsvorgänger Peer Steinbrück ebenfalls auf bestem Wege wähnte, der Schuldenmacherei ein Ende zu setzen. Dann aber kam die Banken- und Finanzkrise und in deren Folge die Staatsschuldenkrise, an der Europa noch heute schwer trägt. Die strukturellen Finanzprobleme mindestens der Hälfte der Länder in der Euro-Zone sind es auch, die Schäubles Finanzplanung mit einem ganz dicken Fragezeichen versehen. Wird auch nur ein Teil der im Rahmen der Rettungspakete von Deutschland übernommenen Bürgschaften fällig, sind alle Zahlen sofort wieder ins tiefste Rot getaucht. Erschwerend hinzu kommt die im Zuge des Bundestagswahlkampfes wieder in allen Parteien - nimmt man die FDP mal lobend aus - entbrannte Lust auf neue Wohltaten fürs Wahlvolk. Noch immer scheint das alte, schlechte Spiel zu funktionieren: Kaum sind die ärgsten Engpässe überwunden, da ziehen die Politiker wieder die Spendierhosen an. Dabei ist diese Attitüde allein mit Blick auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse töricht. Unbestreitbar geht es Deutschland derzeit finanzpolitisch gut. Die Einnahmen steigen, weil die Zahl der Beschäftigten hoch ist und die Kosten für Sozialausgaben entsprechend niedrig sind. Die im internationalen Vergleich sehr wettbewerbsfähigen deutschen Unternehmen machen gute Geschäfte und zahlen hohe Steuern. Und schließlich profitiert Deutschland von den günstigen Konditionen am Kapitalmarkt. Weil Investoren wegen der Unwägbarkeiten in den Krisenländern viel Kapital in deutsche Staatsanleihen stecken, muss der Bund deutlich weniger Zinsen zahlen als einst geplant. So sieht Schäubles Haushaltsplan für 2014 einen Schuldendienst von nur 29 Milliarden Euro vor, während es 2008 noch 40 Milliarden Euro waren. Das sollten vor allem jene anerkennen, die permanent klagen, Deutschland würde für die Rettung der Krisenländer über Gebühr belastet. Bislang ist das Gegenteil der Fall. Mit der Fortschreibung dieser Eckpunkte bis 2017 nimmt das Finanzministerium eine durchaus optimistische Haltung an. Das ist nicht verboten. Ob's aber auch so kommt, ist ungewiss. Wer also solides Haushalten und Schuldenabbau gar für vordringlich hält, sollte sich mit Blick auf die Bundestagswahl am 22. September vor allem eines fragen: Welche zusätzlichen finanz- und wirtschaftspolitischen Risiken sind die Parteien mit ihren Programmen bereit einzugehen?
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