Kölner Bistumsverwalter Steinhäuser erwartet "Probezeit" für Kardinal Woelki nach der Beurlaubung
Köln/Düsseldorf/Bonn (ots)
Administrator kündigt schonungslosen Bericht an den Vatikan am Ende der viermonatigen Beurlaubung an - Zukunft Woelkis ungewiss/Plädoyer für "Christmetten für Ungeimpfte" zu Weihnachten
Der Bistumsverwalter des Erzbistums Köln, Weihbischof Rolf Steinhäuser, hält die Zukunft von Kardinal Rainer Woelki an der Spitze des Erzbistums für offen. Faktisch gebe es nach dem Ende von Woelkis viermonatiger Beurlaubung Anfang März 2022 eine "Probezeit", sagte Steinhäuser in einem Interview mit mehreren Regionalzeitungen (Samstag-Ausgaben). "Wenn es im Sinne meines Auftrags gutgeht, gibt es viele Leute, die klar sagen, was wir brauchen und wo wir stehen. Meine Fantasie dazu ist: Es gibt ein relativ enges Zeitfenster, und danach wird klar sein, welche Chancen ihm die Leute geben und wie sich dann positionieren. Entweder machen sie dann wieder mit, resignieren, revoltieren oder gehen in die Larmoyanz."
Als Apostolischer Administrator kündigte er eine "klare, ungeschönte Rückmeldung" an den Vatikan an. In dem Bericht könne durchaus stehen, dass er für Woelki im Erzbistum keine gemeinsame Zukunft sehe, betonte Steinhäuser. "Ich muss die Lage so schildern, wie ich sie dann wahrnehme. Diese Offenheit bin ich mir auch selbst schuldig."
Die gegenwärtige Stimmung im Erzbistum, das durch die Diskussionen über den Umgang der Bistumsleitung mit dem Missbrauchsskandal erschüttert ist, beschrieb der 69-Jährige, der seit 2015 Weihbischof in Köln ist, als ein "Atemholen". Viele Menschen seien beim Gedanken an die Rückkehr des Kardinals unsicher, wie es dann weitergehe. Die Konflikte im Bistum seien "nicht gelöst, es gibt aber inzwischen eine gute Gesprächsbasis".
Gleichwohl bezeichnete Steinhäuser seinen Auftrag, das Bistum zu befrieden, als "Mission Impossible". Er betonte, bei der Wahl seiner engsten Mitarbeiter nicht frei gewesen zu sein. Der Vatikan habe ihm klare Grenzen aufgezeigt, als er gefragt habe, ob er Woelkis Generalvikar Markus Hofmann entlassen könne. Er räumte ein, dass er sich selbst nicht als Verwalter, sondern als Seelsorger sehe. Also habe er jemanden gebraucht, "der diesen Laden kennt und mit ihm hantieren kann". Man müsse "mit den Ochsen pflügen, die man hat", so Steinhäuser mit einem Sprichwort.
Derzeit habe er zu Woelki, der sich für Exerzitien in Eichstätt aufhalte, keinen Kontakt. "Nach Weihnachten wird man dann mal sehen müssen. Es kann ja auch nicht so sein: Es ist Aschermittwoch, und - siehe da - es entsteigt der Wundertüte Kardinal Woelki."
Mit Blick auf eine absehbare Rekordzahl von Austritten im Erzbistum Köln sprach Steinhäuser von dem Risiko, "dass die Kirche sich - zahlenmäßig, nicht inhaltlich - zu einer Großsekte" entwickele. Es gebe unumkehrbare Trends. Steinhäuser räumte aber auch ein, "dass wir in Köln durch die konkrete Situation 'noch ein Schüppchen drauflegen'". Er regte eine "fast paradoxe" Reaktion an: "Wir müssen alles für ein anderes Verhalten tun, ohne darauf vertrauen zu können, dass wir es damit 'knacken'." Unter anderem trat der Weihbischof für eine kollegialere Form der Führung im Erzbistum ein. "Ich halte den aufgeklärten Absolutismus nicht für das Leitungssystem der Zukunft." Es gebe keinen Grund, "mit der jetzigen Form der Machtausübung einfach weiterzumachen. Wir haben auch andere Möglichkeiten."
Mit Blick auf die bevorstehenden Weihnachtsgottesdienste sprach sich Steinhäuser klar dafür aus, auch Ungeimpften und Ungetesteten eine Teilnahme zu ermöglichen. "Christmetten für Ungeimpfte" seien denkbar. "Wir haben hier konkurrierende Werte: die Religionsfreiheit und den Schutz von Leib und Leben. Wir versuchen, einen Weg zu finden, dass jeder kommen darf, auch wenn er oder sie weder geimpft ist noch genesen oder getestet. Es sei denn, die staatlichen Vorgaben verbieten uns das."
Hinweis: Das Interview wurde gemeinsam vom "Kölner Stadt-Anzeiger", der "Kölnischen Rundschau", der "Rheinischen Post" (Düsseldorf) und dem "General-Anzeiger" (Bonn) geführt.
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