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Amnesty International

50 Jahre Europäische Menschenrechtskonvention
Verwirklichung der Menschenrechte in Europa unvollendetes Projekt

Bonn (ots)

Folter und Misshandlung in 25 Ländern Europas / Diskriminierung
führt zu Übergriffen / Mangelnder Wille zur Strafverfolgung bei
Foltervorwürfen
Auch 50 Jahre nach der Unterzeichnung der Europäischen
Menschenrechtskonvention am 4. November 1950 ist die Verwirklichung
der Menschenrechte noch immer ein unvollendetes Projekt, erklärt
amnesty international in einem heute veröffentlichten Bericht zu
Folter und Misshandlung in Europa.
"Die Europäische Menschenrechtskonvention ist das Fundament des
Menschenrechtssystems des Europarates. Sie hat hohe Standards für die
Menschenrechte gesetzt. Doch in der Praxis klaffen noch große
Lücken", betont Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen
Sektion von amnesty international.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres dokumentiert amnesty
international in dem neuen Bericht Folter und Misshandlung in
mindestens 25 Ländern Europas, davon sind 20 Mitglieder des
Europarats. "Europa ist nicht für alle, die hier leben, ein sicherer
Ort. Diskriminierung gegen einzelne Bevölkerungsgruppen führt in
vielen Ländern zu Folter und Misshandlung. Zu den Opfern gehören
neben Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten, Migranten,
Flüchtlingen und Asylsuchenden auch Kinder und Straftatverdächtige",
stellt ai-Generalsekretärin Barbara Lochbihler fest.
Obwohl Instanzen wie der Europäische Ausschuss zur Verhütung von
Folter vorbildliche Arbeit leisten, fehlt noch weitgehend der
politische Wille, die Täter zu bestrafen. So zieht sich das Muster
der Straflosigkeit durch ganz Europa. In der Türkei etwa ist Folter
auf Polizeistationen an der Tagesordnung. Trotzdem führten nach
offiziellen Angaben 577 Verfahren, in denen Angehörige der
Sicherheitskräfte zwischen 1995 und 1999 der Folter angeklagt waren,
lediglich in 10 Fällen zu Schuldsprüchen (1,7 Prozent). Ein Beispiel
für Folter in Polizeigewahrsam ist der Fall von Zeynep Avci, einer
jungen Kurdin. Sie  wurde 1996 auf einer Polizeistation in Izmir
wiederholt mit Elektroschocks gefoltert und sexuell missbraucht.
Trotz einer formellen Beschwerde sind die Folterer bis heute nicht
vor Gericht gestellt worden.
In Genf wurde der nigerianische Anwalt und Menschenrechtsaktivist
Clement Nwankwo, der zu einer Sitzung der
UNO-Menschenrechtskommission angereist war, von Polizisten geschlagen
und mit rassistischen Ausdrücken beschimpft. Auf der Polizeiwache
wurde er gezwungen, sich nackt auszuziehen und anschließend für mehr
als eine Stunde mit Handschellen an einen Tisch gekettet. Er wurde 72
Stunden gefangen gehalten und des Diebstahls und Widerstands gegen
die Polizei beschuldigt. Die Anklage auf Diebstahl wurde nach einer
formellen Beschwerde fallen gelassen. Für die Misshandlung von
Clement Nwankwo im Polizeigewahrsam hat sich bis heute niemand
verantworten müssen.
"Die europäische Staatengemeinschaft sollte das EMRK-Jubiläum zum
Anlass nehmen, sich kritisch auch mit den Defiziten in der Umsetzung
der EMRK auseinander zu setzen und insbesondere gegen die
Straflosigkeit  bei Folter und Misshandlung vorzugehen", so Barbara
Lochbihler.
Wenn Sie Nachfragen haben, wenden Sie sich bitte an:
amnesty international
Pressestelle
53108 Bonn
+ 49 (0)228 - 98373-36 / - 0
+ 49 (0)228 - 630036
E-Mail:  presse@amnesty.de
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