Das Erste, Mittwoch, 9. Oktober 2002, 23.30 - 0.15 Uhr
AUF TEUFEL
KOMM RAUS
Kirchenspaltung von oben?
Ein Film von Ulrich Harbecke
Köln (ots)
Vor genau vierzig Jahren begann das Zweite Vatikanische Konzil. Auf Einladung des "guten" Papstes Johannes XXIII. kamen mehr als 2000 Bischöfe aus aller Welt nach Rom, um die Katholische Kirche zu reformieren. Seit dreihundert Jahren hatte sie sich kaum verändert und stand als geschlossener Block quer in der modernen Welt. Viele begrüßten das "Ende des Mittelalters", doch starke Kräfte der Kurie waren alles andere als begeistert. Als es ihnen nicht gelang, das Konzil zu verhindern, versuchten sie, es in den Griff zu bekommen. Vergeblich. Nach vier Jahren intensiver Beratungen waren erstaunliche Fortschritte erreicht. Die Kirche war nicht mehr das starre "Haus voll Glorie", sondern verstand sich jetzt als das "wandernde Volk Gottes". Der Glaube sollte nicht mehr ein statisches Konstrukt sein aus Regeln und Traditionen, sondern ein dynamisches Instrument für die christliche Mitgestaltung der Welt.
Aber die Bremser gaben nie auf. Besonders unter dem gegenwärtigen Papst fanden sie Mittel und Wege, die Errungenschaften des Konzils zurückzufahren. Die Mitarbeit der Laien wurde gedeckelt, konservative Bischöfe wurden inthronisiert und fortschrittliche zurückgepfiffen oder gar entlassen. Theologen von Weltrang belegte man mit Schweigegebot oder vertrieb sie von den Lehrstühlen der Universitäten. Frauen werden noch immer als zweitrangig behandelt. Der jahrelange Kampf um die katholische Beratung bei Schwangerschaftskonflikten führte die deutsche Kirche in die tiefste Krise seit dem Krieg. Rom zeigte klar, dass die "Kollegialität" mit den Ortsbischöfen nur auf dem Papier stand. Auch die hoffnungsvollen Ansätze der Ökumene wurden systematisch ausgebremst.
Viele Katholiken und Priester sind tief enttäuscht. Viele verlassen die Kirche, weil sie in ihr keine Zukunft mehr sehen. Der Priestermangel hat dramatische Ausmaße angenommen. Viele machen aber auch weiter und hoffen auf die "Zeit danach".
Ist die Katholische Kirche auf dem Weg in die Groß-Sekte? Übernehmen Fundamentalisten die Macht? - "Schleichende Übernahme" nennt der Journalist Peter Hertel das Vordringen des "Opus Dei" in höchste Entscheidungsebenen, massiv gefördert von "Hardlinern" wie dem Kölner Kardinal Meisner, Kurienkardinälen wie Josef Ratzinger und dem Papst selbst. Wenn das so ist, ist es kein innerkirchliches Problem mehr. Es muss die Welt interessieren, ob eine Milliarde Menschen Teil ihrer Probleme ist oder Teil der Lösung.
Ulrich Harbecke sammelt Stoff für das öffentliche Gespräch. Es zeigt eine Kirche, die sich viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf die großen Fragen der Menschheit überzeugend antworten zu können.
Ihre Fragen beantwortet: WDR-Pressestelle, Uwe-Jens Lindner, Tel: 0221/220-8475
Original-Content von: WDR Westdeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell