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Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Kanzlei Dr. Stoll & Sauer: Nähe zwischen Landgericht Stuttgart und Lobby-Kanzlei im Diesel-Abgasskandal gefährdet Rechtsstaatlichkeit

Lahr (ots). Am Stuttgarter Landgericht sieht die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr die Rechtsstaatlichkeit erheblich gefährdet. Im Mittelpunkt steht die Daimler AG und der Fall "Reuschle". Dabei ist mit Dr. Sebastian Sonn ein Richter involviert, der bis 2016 für die Kanzlei Gleiss Lutz gearbeitet hat. Und Gleiss Lutz vertritt im Diesel-Abgasskandal den Autobauer - auch in Verfahren im Fall "Reuschle". Befangenheitsanträge gegen Sonn sind von der zuständigen Kammer überraschenderweise abgelehnt worden (Az. 3 O 254/18). "Die Begründung ist in der Summe völlig absurd und zeigt wie verzahnt Lobbyisten und Gericht wohl miteinander schon sind", ärgert sich Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr über die Ablehnung der Anträge.

Autolobby versucht Justiz zu unterwandern

Ralf Stoll hat nach der Durchsicht der ablehnenden Begründung den Eindruck gewonnen, dass am Landgericht Stuttgart eine Nähe zwischen Richtern und Lobbyisten-Kanzlei gewachsen ist, die über das hinausgeht, was ein Rechtsstaat vertragen kann. Denn in der Ablehnung der Befangenheitsanträge gegen Dr. Sebastian Sonn heißt es wörtlich:

"Auch die Zusammenschau aller Umstände begründet eine Besorgnis der Befangenheit nicht. Die Beklagte ist ein weltweit tätiger Konzern mit tausenden Mitarbeitern in der Region des Landgerichts Stuttgart. Die Kanzlei Gleiss Lutz ist eine international tätige Kanzlei mit rund 350 Anwälten und Gründungssitz in Stuttgart. Bei der Größe des Konzerns und der Kanzlei, der gemeinsamen juristischen Ausbildung von Richtern und Anwälten, der gewünschten "Durchlässigkeit" der Berufszweige und der erforderlichen Zusammenarbeit der Organe der Rechtspflege sind persönliche Kontakte aller Richter des Landgerichts Stuttgart zu Mitarbeitern der Beklagten auf privater Ebene und zu Anwälten aus der Kanzlei Gleiss Lutz auf professioneller Ebene eher die Regel als die zu einer Befangenheit führende Ausnahme."

"Die Automobilindustrie betreibt hier die Unterwanderung der Justiz und das Landgericht Stuttgart verschließt davor die Augen." Noch ist das letzte Wort in der Sache nicht gesprochen. Dr. Ralf Stoll reagierte am 27. Januar 2020 mit einem Befangenheitsantrag gegen die drei entscheidenden Richter des zuständigen Senats ­- Andreas Patschke, Dr. Cornelia Iffland und Fahrner. "Die Vorgänge am Landgericht Stuttgart grenzen in Teilen an Rechtsbeugung." Stoll ärgert sich dabei vor allem darüber, dass schriftliche Fragen an das Gericht und Dr. Sonn nicht beantwortet worden sind. "Unser Schreiben vom 20. Dezember 2019 wurde offensichtlich einfach liegen gelassen, ohne es näher zu beachten", berichtet Stoll weiter.

Fragen an das Landgericht blieben bisher unbeantwortet

Die Kanzlei wollte mehr Informationen zur Verbindung zwischen Sonn und Gleiss Lutz, ehe man sich selbst für einen Befangenheitsantrag entschied. "Wir wurden einfach ignoriert." Woher will das Gericht wissen, ob Dr. Sonn tatsächlich nicht an Verfahren im Diesel-Abgasskandal involviert war? Sonn soll nur kartellrechtliche Verfahren für Autobauer betreut haben. Welche Verfahren betreute er bei Gleiss Lutz? Besonders besorgniserregend sei auch, dass der Vorsitzende Richter Herr Patschke in einem sogenannten Transparenzhinweis vom 17. Dezember 2019 die ehemaligen Tätigkeit Dr. Sonns für die Kanzlei Gleiss Lutz bekannt gegeben hat. Warum erfolgte der Transparenzhinweis erst auf Tätigwerden der Klägervertreter? Hat Dr. Sonn nach wie vor Kontakte zur Kanzlei Gleiss Lutz? Auf solche Fragen gab es vom Gericht bisher keine Antwort. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat in der Sache auch um Mithilfe des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, gebeten. Das Staatsministerium leitete das Ersuchen an das Justizministerium von Baden-Württemberg und das wiederum an den Präsidenten des Landgerichts Stuttgart weiter - mehr dazu hier. Dr. Ralf Stoll: "Bisher ist Funkstille. Ich denke, dass alles soll totgeschwiegen werden."

Wie kam es im Diesel-Abgasskandal überhaupt zum Fall Reuschle?

Richter Dr. Fabian Richter Reuschle wollte im Diesel-Abgasskandal 21 Einzelverfahren gegen die Daimler AG bündeln und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg wichtige Fragen im Abgasskandal zur Vorabentscheidung vorlegen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr unterstützt die Sammelvorlage des Richters an den EuGH. "Der Gang an den Europäischen Gerichtshof ist richtig und längst überfällig", betonte Dr. Ralf Stoll. Schließlich gehe es im Skandal um die Einhaltung von europäischen Normen. Zudem behindern Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und das Bundesverkehrsministerium eher die Aufklärung im Diesel-Abgasskandal, anstatt sie zu beschleunigen, kritisierte Stoll die Behörden. Das KBA weigere sich beispielsweise, Prüfungsunterlagen zu Rückrufe an Gerichte zu übergeben. Vor diesem Hintergrund sei der Gang zum EuGH besonders sinnvoll. Die Daimler-Anwälte hatten dann mit einem Befangenheitsantrag reagiert, über den jetzt das Landgericht Stuttgart noch entscheiden muss. Der Vorwurf: Reuschle könne nicht objektiv sein, weil seine Ehefrau im Diesel-Abgasskandal mit der Volkswagen AG gerichtlich streitet.

Im Kern geht es Richter Reuschle um drei Fragen:

1. Ist das in den Fahrzeugen der Daimler AG verbaute sogenannte "Thermofenster"
   eine illegale Abschaltvorrichtung?
2. Sind die Grenzwerte der Euro-Normen nur auf den Prüfständen einzuhalten und 
   ist es damit praktisch egal, was im Realbetrieb aus dem Auspuff herauskommt? 
   So zumindest argumentiert die Automobilindustrie.  
3. Sollen die Verbraucher bei der Rückgabe ihres Diesel-Fahrzeugs den vollen 
   Kaufpreis erstattet bekommen? Muss der Verbraucher eine Nutzungsentschädigung
   bezahlen?

Wer ist überhaupt der Richter Dr. Fabian Richter Reuschle?

Der Stuttgarter Richter Fabian Richter Reuschle ist im Diesel-Abgasskandal der Schrecken der Automobilindustrie. Er hat sich in den vergangenen Jahren intensiv in den Dieselskandal eingearbeitet und interessante Urteile gefällt, die die rechtliche Landschaft in Deutschland beeinflussten. Er betreute Klagen von VW Aktionären, die den Konzern auf Schadensersatz verklagten. Die Kläger sahen sich durch den VW-Vorstand zu spät über den Abgasskandal informiert und auf diese Weise hätten ihre Aktienpakete über Gebühr an Wert verloren. Im Herbst 2018 verurteilte der Richter den Volkswagen-Eigentümer Porsche SE zu 47 Millionen Schadensersatz. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Richter Reuschle wollte auch einen großen Prozess, in dem VW-Vorstände vorgeladen werden sollten, damit sie die entscheidenden Fragen beantworten, wer was angeordnet und vor allem, wer alles über die Softwaremanipulation Bescheid gewusst hatte.

Volkswagen schlug mit Kanzlei SZA zurück / Verfassungsbeschwerde

Die VW-Holding, Porsche SE und Volkswagen versuchten bereits frühzeitig, in den Anlegerverfahren den Richter mit Befangenheitsanträgen zu stoppen. Kompetenzüberschreitungen und Selbstprofilierung warfen die Autobauer dem Richter vor. Mit einem ersten Befangenheitsantrag scheiterte VW auch in zweiter Instanz am Oberlandesgericht Stuttgart. Als die Ehefrau von Richter Reuschle Ende 2018 VW auf Rückabwicklung eines Fahrzeugkaufs verklagte, witterte der Konzern seine erneute Chance. Unterstützung holten sich die Autobauer dabei von der Kanzlei Schilling Zutt & Anschütz - und erwirkten in 195 Verfahren am Landgericht Stuttgart die Ablösung des Richters. Der hatte übrigens die Klage seiner Frau selbst offengelegt. In der Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz arbeitete übrigens der kommende Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth, der seit knapp einem Jahr dem Ersten Senat vorsitzt. Harbarth war bei SZA bis zu seinem Wechsel ans Bundesverfassungsgericht Geschäftsführer. An dieser Verbindung, die auch einen Hauch von Befangenheit in sich trägt, nahm politisch bei der Wahl Harbarths zum Verfassungsrichter niemand Anstoß. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat jedoch im Namen ihrer Mandanten am 28. November 2019 Verfassungsbeschwerde gegen die Ernennung von Stephan Harbarth zum Richter am Bundesverfassungsgericht eingelegt. Mehr dazu auf www.staatshaftung.eu.

Dr. Stoll & Sauer führt Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führen in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei deshalb für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

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