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Kinderreport 2017 des Deutschen Kinderhilfswerkes: Demokratieförderung von Kindern und Jugendlichen dringend geboten

Berlin (ots)

Nur rund zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland (64 Prozent) traut der heutigen Generation der Kinder und Jugendlichen zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie zu übernehmen. Dabei steigt das Zutrauen mit zunehmendem Alter und steigendem Einkommen deutlich an. Ein Drittel der Bevölkerung (33 Prozent) zweifelt an der Demokratiefähigkeit der nachfolgenden Generation. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Kinderreport 2017. Beim Blick auf die Anhängerschaft der aktuell wichtigsten politischen Parteien zeigt sich ein durchaus differenziertes Bild. Das größte Vertrauen in die Jugend haben in dieser Frage die FDP-Anhänger/innen (84 Prozent) und Grünen-Anhänger/innen (78 Prozent), während SPD-Anhänger/innen (69 Prozent) und Unions-Anhänger/innen (66 Prozent) nur knapp über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegen. Deutlich skeptischer in Bezug auf die Demokratiefähigkeit von Kindern und Jugendlichen zeigen sich AfD- (58 Prozent) und Linke-Anhänger/innen (56 Prozent).

Bei der Frage, wer hauptsächlich die Verantwortung dafür trägt, bei Kindern und Jugendlichen demokratische Überzeugungen und Fähigkeiten zu fördern, sehen 90 Prozent der Befragten Familie und Elternhaus in der Pflicht, 65 Prozent Schule und Kita. Mit weitem Abstand folgen in dieser Frage Sportvereine (12 Prozent), politische Parteien (10 Prozent), die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit sowie Kinder- und Jugendverbände (jeweils 7 Prozent). Um demokratische Überzeugungen und Fähigkeiten bei jungen Menschen zu fördern, halten 92 Prozent der Befragten mehr Geld für die Kinder- und Jugendarbeit für sinnvoll. Als weitere wichtige Maßnahmen werden eine Stärkung des Gesellschaftskundeunterrichts in den Schulen (89 Prozent) und die stärkere Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in der Politik (83 Prozent) befürwortet. Sehr verbreitet sind darüber hinaus Meinungen, dass Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen Vorbilder in Sachen Demokratie sein sollten (79 Prozent), und dass politische Bildung Pflichtfach in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern (78 Prozent) sein sollte. Eine Ausweitung der Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen halten 66 Prozent für sinnvoll, politische Bildung schon ab der Grundschule 48 Prozent.

"Die Vermittlung von Demokratiefähigkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das geringe Vertrauen Erwachsener in die Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen, die Demokratie in Deutschland auch zukünftig zu bewahren, erfüllt uns mit Sorge. Gleichzeitig bietet der Kinderreport 2017 aber auch Hinweise auf Strategien zur Stärkung unserer Demokratie durch eine Förderung demokratischer Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen. Wenn diese Förderung von nachhaltiger Wirkung sein soll, muss sie frühzeitig ansetzen und vor allem milieuübergreifend erfolgen", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Demokratie normiert unser Zusammenleben und gibt den geregelten Rahmen für politische Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse vor. Sie ist aber nur dann verwirklicht, wenn jeder einzelne sie unabhängig vom Alter als Möglichkeit zur Selbstentfaltung begreift und gleichzeitig die vielfältigen Meinungen und Bedürfnisse anderer nicht aus dem Blick verliert. Wir müssen unsere Demokratie mit Leben füllen, ihre Voraussetzungen bewahren und sie offensiv gegen Bedrohungen verteidigen - und zwar jeden Tag aufs Neue", so Krüger weiter.

"Demokratische Bürgerrechte und soziale Sicherheit dürfen weder hierarchisiert, noch gegeneinander aufgerechnet werden. Das ist eine meiner zentralen Lehren, aus dem Scheitern des real existierenden Sozialismus. Und sie bleibt aktuell angesichts zunehmend fataler Defizite des real existierenden Kapitalismus", sagt Petra Pau, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.

Die weiteren Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2017 im Einzelnen

Gründe für Kinderarmut in Deutschland - Ergebnisse Kinder und Jugendliche

93 Prozent der Kinder und Jugendlichen (plus 6 Prozent gegenüber 2016) sehen zu niedrige Einkommen vieler Eltern als den wichtigsten Grund für Kinderarmut in Deutschland an ("trifft voll und ganz zu" und "trifft eher zu"). Die Situation von Alleinerziehenden sowie die Vernachlässigung des Themas durch die Politik, aber auch das Bildungswesen werden von ihnen ebenfalls als wesentliche Einflussfaktoren eingeordnet. So sehen große Teile von ihnen einen Zusammenhang zwischen zu geringer Unterstützung von Alleinerziehenden mit Kinderarmut (86 Prozent, keine Veränderung gegenüber 2016) und sind der Ansicht, dass sich Politikerinnen und Politiker zu wenig um Kinderarmut in Deutschland kümmern (87 Prozent, plus 3 Prozent gegenüber 2016). Dass arme Kinder in der Schule zu wenig unterstützt werden, um gute Noten und später einen guten Beruf zu bekommen, mahnen 64 Prozent der Kinder und Jugendlichen an. Dagegen glaubt nur knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) an einen zu geringen Zusammenhalt in der Familie als Ursache für Kinderarmut. Dass durch die wirtschaftliche Lage Deutschlands mehr Unterstützung für arme Kinder nicht möglich ist, sehen lediglich 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen (minus 3 Prozent gegenüber 2016) so.

Gründe für Kinderarmut in Deutschland - Ergebnisse Erwachsene

Die Meinungen zu Gründen für Kinderarmut in Deutschland stimmen bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen weitgehend überein. 87 Prozent der Erwachsenen (plus 2 Prozent gegenüber 2016) sehen zu niedrige Einkommen vieler Eltern als wichtigen Grund für Kinderarmut in Deutschland an ("trifft voll und ganz zu" und "trifft eher zu"). Die Situation von Alleinerziehenden sowie die Vernachlässigung des Themas durch die Politik, aber auch das Bildungswesen werden von ihnen ebenfalls als wesentliche Einflussfaktoren eingeordnet. So sehen große Teile von ihnen einen Zusammenhang zwischen zu geringer Unterstützung von Alleinerziehenden mit Kinderarmut (82 Prozent, plus 2 Prozent gegenüber 2016) und sind der Ansicht, dass sich Politikerinnen und Politiker zu wenig um Kinderarmut in Deutschland kümmern (75 Prozent, minus 8 Prozent gegenüber 2016). Dass von Armut betroffene Kinder weniger Chancen auf einen guten Bildungsabschluss haben und sich Armut dadurch fortsetzt, mahnen sogar 80 Prozent der Erwachsenen (minus 7 Prozent gegenüber 2016) an. 54 Prozent glauben an einen zu geringen Zusammenhalt in der Familie als Ursache für Kinderarmut, und 37 Prozent (plus 4 Prozent gegenüber 2016) sind der Ansicht, dass durch die wirtschaftliche Lage Deutschlands mehr Unterstützung nicht möglich ist.

Bekanntheit von Kinderrechten

Bei der Bekanntheit der Kinderrechte bestehen in Deutschland weiterhin erhebliche Defizite. Dass sie sich hier "ganz gut auskennen und einzelne Kinderrechte nennen könnten", sagen nur 18 Prozent der Kinder und Jugendlichen (plus 3 Prozent gegenüber 2016) und 15 Prozent der Erwachsenen (plus 1 Prozent gegenüber 2016). 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen (minus 2 Prozent gegenüber 2016) sowie 73 Prozent der Erwachsenen (minus 4 Prozent gegenüber 2016) kennen Kinderrechte nur vom Namen her und wissen über Einzelheiten nicht so gut Bescheid. Etwa ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen (22 Prozent, minus 1 Prozent gegenüber 2016) und ein Achtel der Erwachsenen (12 Prozent, plus 3 Prozent gegenüber 2016) haben vom Thema Kinderrechte noch nichts gehört oder gelesen.

Mehr Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen - Ergebnisse Kinder und Jugendliche

Wenn es um ihr unmittelbares Lebensumfeld geht, plädieren Kinder und Jugendliche vor allem für mehr Mitbestimmung in der Familie ("sehr wichtig" und "wichtig" für 96 Prozent, plus 3 Prozent gegenüber 2016) und in der Schule (95 Prozent, keine Veränderung gegenüber 2016). Eine sehr große Mehrheit von ihnen (87 Prozent, plus 1 Prozent gegenüber 2016) wünscht sich auch mehr Mitspracherechte im organisierten Sport-, Kultur- oder Freizeitbereich, mehr Mitbestimmung in der Kita 40 Prozent (minus 12 Prozent gegenüber 2016). Mehr Mitspracherechte in Deutschland insgesamt hält eine sehr große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen (80 Prozent, minus 7 Prozent gegenüber 2016) für "sehr wichtig" bzw. "wichtig", für den kommunalen Bereich sehen das 71 Prozent so (minus 6 Prozent gegenüber 2016) und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten im Wohngebiet wünschen sich 57 Prozent (minus 8 Prozent gegenüber 2016).

Mehr Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen - Ergebnisse Erwachsene

Die Erwachsenen sehen das in der Tendenz genauso, allerdings mit teils wesentlich niedrigeren Prozentwerten. Die Befragten plädieren vor allem für mehr Mitbestimmung im organisierten Sport-, Kultur- oder Freizeitbereich ("sehr wichtig" und "wichtig" für 80 Prozent, minus 7 Prozent gegenüber 2016), in der Familie (79 Prozent, minus 10 Prozent gegenüber 2016) und in der Schule (72 Prozent, minus 16 Prozent gegenüber 2016). Mehr Mitbestimmung in der Kita wünschen sich 38 Prozent (minus 21 Prozent gegenüber 2016). Mehr Mitspracherechte in Deutschland insgesamt hält eine Mehrheit der Erwachsenen (64 Prozent, minus 16 Prozent gegenüber 2016) für "sehr wichtig" bzw. "wichtig", für den kommunalen Bereich sehen das 59 Prozent so (minus 15 Prozent gegenüber 2016) und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten im Wohngebiet wünschen sich 54 Prozent (minus 12 Prozent gegenüber 2016).

Für den Kinderreport 2017 des Deutschen Kinderhilfswerkes führte infratest dimap zwei Umfragen unter Kindern und Jugendlichen (10 bis 17-jährige) sowie Erwachsenen (ab 18-jährige) in Deutschland durch. Befragt wurden insgesamt 1.703 Personen, davon 623 Kinder und Jugendliche sowie 1.080 Erwachsene. Die Befragungen wurden online unter Nutzung eines Access-Panels (Kinder und Jugendliche) sowie mittels computergestützter Telefoninterviews durchgeführt. Einige der Fragen wurden Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen gleichermaßen gestellt, allerdings wurde den Kindern und Jugendlichen ein Fragebogen mit Formulierungen vorgelegt, die der Altersgruppe angepasst worden waren. Die Fehlertoleranz der Umfrage unter Kindern und Jugendlichen liegt zwischen 1,7 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) und 4,0 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent), bei den Erwachsenen zwischen 1,4 und 3,1 Prozentpunkten.

Bei der Berichterstattung in den Sozialen Medien freuen wir uns über die Verwendung von #Kinderreport17.

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Weitere Informationen und Rückfragen: Uwe Kamp, Pressesprecher
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