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Geographische Datenanalysen: Die Pandemie als Chance zur Digitalisierung im Gesundheitswesen

Geographische Datenanalysen: Die Pandemie als Chance zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
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Geographische Datenanalysen: Die Corona-Pandemie als Chance zur Digitalisierung im Gesundheitswesen verstehen

Um Corona-Planungsstäben die Arbeit zu erleichtern, stellt ein Team um Wirtschaftsprofessor Dr. Jozo Acksteiner von der Hochschule Fulda Geographische Datenanalysen zur Verfügung. Die Methodik verbindet analytische Modelle mit der Visualisierung von Daten auf Landkarten. Strategische Entscheidungen im Gesundheitswesen, die einen geographischen Bezug haben, lassen sich so schnell und effizient treffen. Die Wissenschaftler*innen wollen die Methodik für Krankenhäuser, Politik und Gesundheitsverwaltung verfügbar machen. Potenzial sehen sie nicht nur mit Blick auf Pandemien.

Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt haben Wissenschaftler*innen der Hochschule Fulda auf Basis von Geographischen Datenanalysen interaktive Landkarten für den zentralen Planungsstab "Stationäre Versorgungsstruktur von COVID-19-Patientinnen und -Patienten" des Landes Hessen entwickelt. Die Karten liefern tagesaktuell ein Bild über die Pandemielage. Sie stellen Informationen zur Inzidenz und Auslastung von Beatmungsplätzen in Krankenhäusern dar. Prognosen für die Auslastung und die Impfquote sind ebenfalls integriert.

Entscheider können mithilfe dieser Kartenvisualisierung schnell erkennen, wohin sie Patient*innen verlegen können, wenn ein Krankenhaus ausgelastet ist. Aus den visualisierten Daten lässt sich ebenso schnell entnehmen, ob Kliniken in der Nachbarschaft in absehbarer Zeit mit einer stärkeren Auslastung rechnen müssen und freie Bettenkapazitäten selbst benötigen.

Der Bedarf: klare und schnell zu verarbeitende Informationen

„Die Karten bringen die komplexe Information aus Inzidenzlage, Auslastung der Krankenhäuser und Prognose der Auslastung für die nächste Woche in ein Bild“, erläutert Dr. Michael von Wagner, der die Stabsstelle für Medizinische Informationssysteme und Digitalisierung beim Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikum Frankfurt leitet. „Im Klinikalltag benötigen wir auf das Wesentliche komprimierte, klare und nachvollziehbare Informationen, wenn wir die Kolleginnen und Kollegen in den Häusern erreichen wollen. Sich mit wenigen Klicks informieren zu können, wo es freie Kapazitäten gibt, ist eine große Unterstützung.“

Zuvor hatte Professor Dr. Jozo Acksteiner Geographische Datenanalysen vor allem in der Logistik eingesetzt, wenn etwa Lieferketten nach Naturkatastrophen aufrechterhalten werden mussten. „Der Einsatz im Rahmen der Corona-Planungsstäbe zeigt, dass die Methodik ebenso einen positiven Beitrag zur Digitalisierung des Gesundheitswesens leisten kann“, sagt er. „Die Corona-Krise kann man auch als Chance verstehen, solche modernen Entscheidungssysteme einzuführen und unser Gesundheitssystem weiter zu digitalisieren.“

Das Ziel: Mensch und Maschine arbeiten zusammen

Gegenüber rein algorithmischen Ansätzen bietet die Geographische Datenanalyse einen entscheidenden Vorteil: Sie verbindet die übersichtliche Darstellung der Datenlage mit der Möglichkeit, das Erfahrungswissen von Expert*innen durch die Interaktion mit der Kartenvisualisierung einzubinden. „In vielen Fällen funktioniert ein ausschließlich aus Algorithmen getriebener Ansatz nicht“, weiß Acksteiner.

Beispiel: Wenn ein Landkreis eine hohe Zahl an Corona-Neuinfektionen verzeichnet und die Krankenhäuser in der Region über genügend Beatmungsplätze verfügen, dann würde ein Algorithmus zunächst feststellen, dass weitere Patient*innen aufgenommen werden können. Aber wenn das Krankenhaus weiß, dass kurzfristig Personal erkrankt ist und weitere Ausfälle zu befürchten sind, dann ist das eine wesentliche Rahmenbedingung, die ein Experte mit seinem Hintergrundwissen sofort einbeziehen kann. Ein Computeralgorithmus erkennt eine solche Rahmenbedingungen dagegen nur, wenn diese vorab definiert wurde. „Eine bei komplexen Problemen schier unlösbare Aufgabe“, sagt Acksteiner.

Die Umsetzung: Von der Problemdefinition zu einer stetig verbesserten Kartenvisualisierung

So funktioniert die Geographische Datenanalyse: Im ersten Schritt gilt es, das Problem zu definieren und zu klären, welche Daten und welche Visualisierung für die Entscheidungsfindung relevant sind. Was soll dargestellt werden und welche Leistungskennzahlen beeinflussen die Entscheidung? „Dies in der Anfangsphase zu analysieren, erspart viel Zeit, weil man später keine unnötigen Daten erhebt“, sagt Acksteiner.

Schritt zwei richtet den Fokus auf die Frage, wie die Daten miteinander kombiniert und visualisiert werden sollen. Wie stellt man die Kennzahlen auf einer Karte dar, sodass sie ermöglichen, schnell gute Entscheidungen zu treffen? Sollen bestimmte Informationen besonders hervorgehoben werden? Ein Beispiel ist die Nutzung von Ampeldarstellungen, um Fokuspunkte („rote Ampeln“) deutlich auf der Karte hervorzuheben.

Im dritten Schritt schließlich wird die Kartenvisualisierung umgesetzt und stetig verbessert. Welche Software ist für die Fragestellung am besten geeignet? Welche Probleme ergeben sich bei der Umsetzung nach den ersten Visualisierungen? Wie lässt sich die Kartenvisualisierung noch besser auf die Fragestellung ausrichten? „Die stetige Verbesserung der Kartenvisualisierung in einem iterativen Prozess mit Experten und Nutzern ist der Schlüssel zum Erfolg“, betont Acksteiner.

Das Ergebnis: Effiziente Entscheidungen auch in komplexen Situationen oder bei unvollkommener Datenlage

Die Darstellung von Daten auf Landkarten ermöglich eine schnelle Erfassung der Gesamtsituation durch den Menschen und eine entsprechend effiziente und zielgerichtete Entscheidungsfindung innerhalb von Expertenteams. Acksteiner berichtet von seinen Erfahrungen: „Dadurch, dass die Landkarte einen schnell erfassbaren Kontext liefert, wird die Zeit von der Datenbereitstellung bis zur Bereitstellung eines Entscheidungssystems gegenüber herkömmlichen Datenanalyseverfahren um 80 Prozent beschleunigt, bei gleichzeitig deutlich verbesserter Abstimmung der Entscheider untereinander.“

Auch impraktikable Entscheidungen und Datenfehler können durch die Verbindung mit der Landkarte gut identifiziert und eliminiert werden, etwa wenn die Situation der Beatmungskapazitäten zweier Krankenhäuser, eines im Status „grün“, eines im Status „rot“, vertauscht wurde. „Diesen Fehler in einer Excel-Tabelle auszumachen ist schwierig“, so Acksteiner, “aber auf einer Kartendarstellung springt den Expert*innen ein solcher Fehler ins Auge und kann sofort korrigiert werden.“

Weitere Anwendungsgebiete: Gesundheitsplanung und Krankheitsprävention

Einsetzen lässt sich die Geographische Datenanalyse prinzipiell überall dort, wo es um Entscheidungsfindungen mit einem geographischen Bezug geht. Mit dem Universitätsklinikum Frankfurt und dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration wollen die Fuldaer Wissenschaftler*innen die Methodik daher weiterentwickeln, etwa für weitere Pandemien oder mit Blick auf die Kapazitätsplanungen, beispielsweise im Pflegebereich. „Wir brauchen keine Pandemie, um in den Krankenhäusern eine hohe Auslastung und eine Überlastung der Kapazitäten zu erleben“, sagt Dr. Michael von Wagner und betont: „Wir wünschen uns, in unseren klinischen Entscheidungen digital besser unterstützt zu werden.“ Großes Potenzial sehen Acksteiner und sein Team auch im Bereich der Krankheitsprävention. „Wir arbeiten derzeit an einer Karte, die Umwelteinflüsse und Krankheiten abbildet und zeigt, wo diese Einflüsse mit bestimmten Krankheiten korrelieren.“

Landkarten, die mit öffentlich zugänglichen Daten erstellt wurden, zeigt das Team um Professor Acksteiner auf seiner Website: https://www.hs-fulda.de/wirtschaft/fight-covid-19

Fachlicher Ansprechpartner:

Professor Dr. Jozo Acksteiner

Hochschule Fulda, Fachbereich Wirtschaft

E-Mail: jozo.acksteiner@w.hs-fulda.de

Dr. Antje Mohr
Pressesprecherin
Hochschule Fulda
Leipziger Straße 123
36037 Fulda
Tel.: +49 661 9640-1050
E-Mail:  antje.mohr@verw.hs-fulda.de
www.hs-fulda.de
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