NRW und die Digitalisierung - es geht um's Ganze
Düsseldorf (ots)
Das Land hat gewählt / Was jetzt passieren muss, um das Land digital nach vorne zu bringen / Ein Interview mit Digitalisierungsexperten Martin Fornefeld
Herr Dr. Fornefeld, seit mehr als acht Jahren fordern Sie vehement und lautstark den Ausbau des Glasfasernetzes bis ans Gebäude. Hoffen Sie in NRW nach der Wahl der CDU geführten Landesregierung nun auf ein Ende Ihres Rufens?
Ja, wir haben in NRW in den letzten Jahren zwei Entwicklungsschritte erlebt. Zu Beginn der Legislatur wurde das 50 Mbit/s Ziel bis 2018 beschlossen, dann im Sommer 2016 wurde das Glasfaser-Infrastrukturziel verkündet. Was wir jetzt also erkennen können ist, dass konsequent das Gibabit-Ziel gesetzt wird. Das ist richtig und mit einer entsprechenden Vorlaufzeit von fünf bis acht Jahren auch zu schaffen. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail: Die Förderschwelle der EU liegt derzeit bei 30 Mbit/s. Dieser Wert müsste in Brüssel raufgesetzt werden.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP lassen Optimismus in Sachen Digitalisierungswillen, -kompetenz und -geschwindigkeit zu. Wie beurteilen Sie die bisherigen Vorschläge?
Die Koalitionäre scheinen die Wichtigkeit des Themas Digitalisierung für alle Lebenslagen erkannt zu haben. Die Zukunft wird digital und vernetzt sein! Dafür brauchen wir leistungsfähige Glasfasernetze. Warum Glasfaser? Die Verzögerungszeiten in der Signalübertragung sind hier noch einmal deutlich geringer als im Kupfernetz. Für autonomes Fahren und Maschinensteuerung ist das unabdingbar. Ein noch offenes Thema ist ja die Frage wo und wie die Verantwortung für die Digitalisierung in der Regierung gebündelt wird. Es zeigt sich, dass die Lösung der Gigabit-Herausforderung zunehmend eine interministerielle Aufgabenstellung ist. Daher haben wir schon in unserer Breitband-Studie für die NRW-Bank im April 2015 empfohlen ein "NGA-Entwicklungsteam" auf Landesebene einzurichten, in der alle Fäden zur Digitalisierung zusammen laufen.
Sie arbeiten eng mit Kommunen und Kreisen in NRW zusammen. Welche Forderungen stehen in den Bürgermeisterämtern, den Stadtentwicklern und Wirtschaftsförderungen ganz oben auf der Liste?
Zusätzlich zur Bundesförderung zum Breitbandausbau muss das Land auch eigene Förderinstrumentarien zum Breitbandausbau schaffen. Das halten wir besonders wichtig für kleine Kommunen, Gewerbegebiete oder Einzellagen, die oft unter die Bagatellgrenze bei der Bundesförderung fallen. Auch ist es derzeit sehr ärgerlich, das Backboneanschlüsse, also die Hinführung des Signals an eine Ortschaft, für sich kein eigener Fördertatbestand sind. Hier könnte mit geringem Aufwand ein hoher Effekt erzielt werden, weil dann die Voraussetzung vorliegt, eine Ortslage eigenwirtschaftlich auszubauen.
Einer Ihrer Arbeitsschwerpunkte ist der Anschluss der Schulen an ein schnelles Internet. Was muss die neues Landesregierung tun, um Schüler frühzeitig mit der digitalen Umwelt in Berührung zu bringen?
Die erste Voraussetzung, die zu schaffen ist lautet: Alle Schulen (und im Übrigen auch Hochschulen) ans Glasfasernetz! Die Planungsvoraussetzungen - wie ein flächendeckendes Schulkataster und Glasfasererschließungsplanungen - liegen für die kommunalen Schulen in NRW bereits vor. Es gibt auch viele bauliche Defizite an Schulen, gleichwohl ist die infrastrukturelle digitale Vernetzung aller Schulen an erste Stelle zu setzen. Eine Schule hat mehrere hundert bis über tausend Schüler und Lehrer. Das ist so viel wie einige kleine Kommunen Einwohner haben, es hier mit einem 50 Mbit/s Kupfer-Anschluss zu versuchen ist abwegig.
Herr Fornefeld, Nordrhein-Westfalen ist Ihre Heimat. Was erhoffen Sie sich für die Städte und Gemeinden im Westen der Republik?
Unsere Studien belegen, dass ein beschleunigter Glasfaserausbau deutlich positive Impulse auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ausüben. Ich hoffe, dass NRW diese einmalige Option des beschleunigten Glasfaserausbaus schnell aufgreift und das NRW in den Wirtschaftskennzahlen wieder zu den Klassenbesten Bayern und Baden-Württemberg aufschließt.
Herr Dr. Fornefeld, wir bedanken uns für das Gespräch. Das Interview führte Monika Rech-Heider
Dr. Martin Fornefeld ist Geschäftsführer der MICUS Strategieberatung in Düsseldorf. Er gilt bundesweit als Digitalisierungsexperte und bringt seit Jahren Kommune und Kreise ins schnelle Internet. Bundesweit beachtete Studien aus dem Hause MICUS fordern schon seit Jahren den raschen Glasfaserausbau.
Pressekontakt:
Weitere Informationen und Presseanfragen:
Dr. Martin Fornefeld
Geschäftsführer MICUS Strategieberatung GmbH
Taubenstr. 22
40479 Düsseldorf
Tel.: 0211/49769111
Original content of: MICUS Strategieberatung GmbH, transmitted by news aktuell