Dr. Ralf Stegner: Das Wappentier der Koalition ist eine Schnecke!
Kiel (ots)
TOP 14 + 34: Grundschullehrkräfte (Drs.Nr. 19/694)
In der vergangenen Legislaturperiode konnten wir bei der Besoldung der Lehrkräfte ein gutes Stück vorankommen. Ohne Frage allerdings blieb die Bezahlung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer eine Gerechtigkeitslücke. Unsere Position war klar: Als Konsolidierungsland kann Schleswig-Holstein keine Vorreiterrolle einnehmen.
Dieses Argument ist überholt. Zum Beispiel in Brandenburg macht unsere ehemalige Ministerin Britta Ernst ordentlich Tempo und zeigt, wie man bei diesem Projekt zügig vorankommen kann.
Und auch die finanziellen Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein haben sich seit Mai 2017 weiter verbessert. Beides zusammen hat uns als SPD-Fraktion zu den Haushaltsberatungen fordern lassen, die Besoldung der Grundschullehrkräfte anzuheben. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch Gebot der Stunde, wenn Schleswig-Holstein im Wettbewerb mit anderen Bundesländern nicht abgehängt werden soll.
Wir freuen uns, dass die Koalition gut zwei Monate nach den Haushaltsberatungen und ganz kurz vor der Kommunalwahl eine Kehrtwende hingelegt hat und in dieser Frage - zumindest grundsätzlich - auf unseren Kurs schwenkt. Das klang vor ein paar Wochen noch anders. Die Grünen erklärten uns, warum die Forderungen der SPD wegen der strukturellen Folgen unsinnig wären, Frau Krämer warf uns vor, mit unserem Antrag Glaubwürdigkeit einzubüßen und Herr Koch fand das alles unsolide und verkündete noch am 27. Februar im Hamburger Abendblatt, er setze auf eine bundeseinheitliche Lösung. Ich weiß nicht, ob in Ihrer Koalition damals vielleicht einfach niemand mit Ihnen gesprochen hat, Herr Koch - denkbar wäre es. Aber heute, auf den Tag zwei Monate später, scheinen die Ziele der SPD auf einmal nicht mehr unsinnig, unglaubwürdig und unsolide zu sein - die bundeseinheitliche Lösung scheint auch nicht mehr so wichtig zu sein -, denn auch die Koalition bekennt sich jetzt zum Ziel A13. Das freut uns! Willkommen an Bord, die wichtige Arbeit der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer verdient Anerkennung - nicht nur in Form warmer Worte, sondern auch auf der Gehaltsabrechnung.
In Brandenburg und Berlin werden Grundschullehrer ab dem 1. Januar 2019 nach A13 besoldet. Das ist in rund acht Monaten. In Schleswig-Holstein werden Grundschullehrer nach Ihren Plänen ab 2026 einheitlich nach A13 besoldet. Das ist in rund acht Jahren. Donnerwetter sag ich da! Schon 2026 werden wir so weit sein, wie Brandenburg ab dem kommenden Jahr.
Hätte Ihre Koalition ein Wappentier, es wäre eine Schnecke! Denn besser kann man die phänomenale Geschwindigkeit, in der Sie vorankommen, wirklich nicht abbilden. Schauen Sie nach meiner Rede gerne mal auf unsere Facebookseite, da finden Sie einen kreativen Gestaltungsvorschlag für Ihre künftige Öffentlichkeitsarbeit, den können Sie gerne nutzen.
2019 bis 2021 wird nach Ihren Plänen bestenfalls ein bisschen was passieren - 2022 ist dann die Legislaturperiode glücklicherweise schon wieder vorbei. Nicht nur, dass viele der heutigen Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer dann längst in Pension sind, von Ihren Plänen also nichts haben.
Alles, was nach 2022 an Kosten anfällt - und das wird der größte Teil sein -, liegt in der kommenden Legislaturperiode. Sie wollen sich also heute für einen fixen Coup vor der Kommunalwahl feiern lassen, den die nächste Landesregierung ausfinanzieren darf.
Und mit Versprechungen unserer Nord-CDU für die ferne Zukunft ist das ja so eine Sache. Davon können unsere Landesbeschäftigten ein Lied singen. Ich erinnere nur an die Zusagen zum Weihnachtsgeld von 2007. Das sollte wieder eingeführt werden, wenn die Haushaltslage das zulässt - heute will bei Ihnen niemand mehr was davon wissen. Da sag ich nur: Achtung an der Bahnsteigkante, liebe Grundschullehrkräfte! Wer weiß, wie viele Kolleginnen und Kollegen der CDU sich 2026 noch an die Versprechen zur Besoldungsanpassung erinnern. Da droht erneut akuter Gedächtnisverlust. Lassen Sie sich das lieber schriftlich geben!
Vielleicht, sehr geehrte Frau Prien, sollten Sie sich lieber an die alte Spruchweisheit halten: "So lang noch die Leitung in meiner Hand, lenke den Ochsen und pflüge das Land."
Die GEW hat Recht, wenn sie auf ein weiteres zentrales Problem Ihrer Pläne hinweist. Denn der Grundschul-Beruf muss nicht erst 2026, sondern schnellst möglichst attraktiver gemacht werden. Wir steuern auf einen großen Grundschullehrkräfte-Mangel zu und ich sage Ihnen auch: Sachsen, Brandenburg und Berlin werden nicht die letzten Bundesländer sein, die auf A13 umstellen. Ich bin mir sicher, dass jedes zusätzliche Bundesland einen ambitionierteren Zeitplan vorlegen wird, als Sie das hier tun. Schleswig-Holstein wird mit Ihren Plänen im Wettbewerb um die besten Köpfe zurückfallen. Sehr geehrte Frau Ministerin Prien, aber das Größte daran sind Ihre Erklärungsversuche, wenn Ihnen ausgerechnet in diesem Zusammenhang nichts Besseres einfällt, als den geringen Männeranteil unter den Grundschullehrkräften zu thematisieren. Die Besoldungsanhebung soll also Männer dazu motivieren, sich stärker als bisher auch für das Lehramt an Grundschulen zu interessieren.
Das heißt doch nichts anderes, als dass sie eine Anhebung der Besoldung für überflüssig hielten, wenn wir es hier auch künftig mit einem fast reinen Frauenberuf zu tun hätten. Wenn das der Ausdruck von Wertschätzung ist, möchte ich nicht erleben, wie bei Ihnen Geringschätzung aussieht. Wenn ich Ihnen das als sozialdemokratischer Mann sagen darf: Gleichstellungspolitisch ist Ihre Einstellung ganz schön retro. Sie hätten heute die Chance gehabt, einen ehrgeizigen Plan vorzulegen, mit dem Schleswig-Holsteins Grundschulen ein ganzes Stück vorangekommen wären. Stattdessen gibt's einen unambitionierten Stufenplan, dessen Umsetzung in weiter Zukunft liegt. Wenn man es gut mit Ihnen meint, könnte man von einer Politik der ruhigen Hand reden.
Die Grundschullehrkräfte sehen das wohl eher als eine Politik der eingeschlafenen Füße an.
Wahrscheinlich hat sich die schwarze Ampel ja an Machiavelli orientiert. Der hat gesagt: "Wenn Reformen dauerhaft sein sollen, so müssen sie langsam durchgeführt werden."
Acht Jahre für die Anpassung der Grundschullehrerbesoldung auf das Niveau anderer Länder, sapperlot: Das muss eine wahre Jahrhundertreform werden.
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Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)
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