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Angaben über deutsche Staatsausgaben teilweise falsch

Berlin (ots)

Rentenerhöhung, Bundeswehr und Abbau der Staatsverschuldung: In sozialen Netzwerken wird eine Liste von Dingen verbreitet, für die angeblich in Deutschland kein Geld ausgegeben wird. Dieser ist eine Reihe von Ausgaben gegenübergestellt, darunter "55 Mrd./Jahr für Flüchtlinge" und eine Milliarde Euro für Indien. Neben einem Foto von Bundeskanzlerin Angela Merkel steht der Satz: "Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten" (https://perma.cc/A7Q5-XAHC).

BEWERTUNG: Die Informationen sind teilweise falsch. Die Kosten, die in Deutschland jährlich durch Flüchtlinge entstehen, sind deutlich niedriger als 55 Milliarden Euro. Indien will Deutschland tatsächlich eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen, allerdings als Darlehen. Auch die Auflistung der Dinge, für die kein Geld da sei, ist übertrieben. Das Zitat stammt zwar sinngemäß von Angela Merkel, bezieht sich jedoch auf den Wahlkampf der CDU, nicht auf Ausgaben des Bundes.

FAKTEN: Bei der größten Summe auf der Liste, 55 Milliarden pro Jahr für Flüchtlinge, handelt es sich um eine veraltete Prognose vom Dezember 2015 für das Jahr 2022. Wegen rückläufiger Flüchtlingszahlen schätzt das Institut für Weltwirtschaft Kiel die Kosten inzwischen deutlich niedriger ein (http://dpaq.de/MTDYV).

Die Angabe "1.000.000.000 EUR für Indien" ist irreführend. Deutschland unterstützt den Ausbau grüner städtischer Mobilitätsinfrastruktur in Indien im Zeitraum 2019 bis 2023 mit insgesamt einer Milliarde Euro. Unter anderem sollen damit neue Elektro-Busse finanziert werden, sagte die Bundeskanzlerin bei einem Besuch Anfang November 2019 in Neu-Delhi (http://dpaq.de/WzvUq). Die Mittel werden als rückzahlbares, zinsverbilligtes Darlehen über die KfW Entwicklungsbank bereitgestellt, wie ein Sprecher des Entwicklungsministeriums der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Auch die Auflistung, wonach etwa für eine Rentenerhöhung, die Bundeswehr oder Schuldenabbau kein Geld da sei, ist ungenau. Beispielsweise stiegen die Rentenbezüge in den vergangenen Jahren - zuletzt im Jahr 2019 in West- und Ostdeutschland um mehr als drei Prozent (http://dpaq.de/uJGMA). Insgesamt kostet diese Erhöhung den Bund knapp elf Milliarden Euro pro Jahr (http://dpaq.de/zRmCY).

Bei der Bundeswehr fehlt es nach jüngsten Angaben des Wehrbeauftragten stellenweise zwar noch an Material und Personal (http://dpaq.de/4EuFH). Allerdings wuchs der Etat der Bundeswehr in den vergangenen Jahren stetig. Der Wehretat betrug 2019 nach Angaben des Verteidigungsministeriums 43,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2014 waren es demnach noch 10,8 Milliarden weniger (http://dpaq.de/4iaYw).

Betrachtet man den Abbau der Staatsverschuldung, müssen verschiedene Ebenen differenziert werden. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte insgesamt - also von Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung - stieg zuletzt im Vergleich zum Jahresende 2018 um 13,7 Milliarden Euro (0,7 Prozent) (http://dpaq.de/2BW3h).

Bund, Kommunen und Sozialversicherung konnten den Angaben zufolge allerdings zuletzt ihre Schuldenlast senken - der Bund baute beispielsweise im Vergleich zum Jahresende 2018 zuletzt 0,5 Milliarden Euro Schulden ab. Lediglich die Schulden der Länder stiegen und führten so zu der höheren Gesamtverschuldung der Haushalte.

Bei dem Satz "Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten" handelt es sich um ein leicht abgewandeltes Merkel-Zitat, wie der Journalist Stefan Fries auf seiner Website dokumentiert (http://dpaq.de/itQ0N). Der Originalsatz lautet: "Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten."

Diesen Satz sagte die Bundeskanzlerin jedoch nicht im Zusammenhang mit Staatsausgaben, sondern bei einer CDU-Pressekonferenz einen Tag nach der Bundestagswahl am 25. September 2017. Vorausgegangen war eine Frage der ARD-Journalistin Marie von Mallinckrodt zum vorherigen Bundestagswahlkampf (http://dpaq.de/298Pd).

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Links:

Post auf Facebook: https://www.facebook.com/Freidenkerfront/photos/a.581033808658712/2534217653340308 (archiviert: https://perma.cc/A7Q5-XAHC)

Faktencheck zu Flüchtlingskosten: https://www.presseportal.de/pm/133833/4353524 (archiviert: http://archive.ph/QDWzq)

Merkel-Rede am 2.11.2019 in Neu-Delhi: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundeskanzlerin-dr-angela-merkel-1688182 (archiviert: http://archive.ph/fQCvo)

Bundesarbeitsministerium zur Rentenerhöhung 2019: https://www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/rentenanpassung-2019.html (archiviert: http://archive.ph/WJFmR)

Bericht zur Rentenerhöhung: https://www.zdf.de/nachrichten/heute/senioren-bekommen-mehr-geld-11-milliarden-euro-fuer-rentner-100.html (archiviert: http://archive.ph/B0UWC)

Bericht des Wehrbeauftragten für 2019: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/165/1916500.pdf (archiviert: http://dpaq.de/NiQMF)

Bundesverteidigungsministerium zur Entwicklung des Wehretats: https://www.bmvg.de/de/themen/verteidigungshaushalt/entwicklung-und-struktur-des-verteidigungshaushalts (archiviert: http://archive.ph/qF7CC)

Statistisches Bundesamt zur Verschuldung der öffentlichen Haushalte: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/12/PD19_496_713.html (archiviert: http://archive.ph/lT1q8)

Veränderung des Merkel-Zitats, aufgeschlüsselt von Stefan Fries: https://stefan-fries.com/2017/10/18/journalisten-koennen-nicht-erkennen-was-merkel-anders-machen-will/ (archiviert: http://archive.ph/yt2Uf)

Video der CDU-Pressekonferenz vom 25.09.2017: https://www.youtube.com/watch?v=PzrsfFO-aIA&feature=youtu.be&t=1400

Faktencheck von Mimikama: https://www.mimikama.at/allgemein/milliarde-indien/ (archiviert: http://dpaq.de/WKlaI)

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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