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Atomausstiegsgesetz kommt einer Enteignung gleich
Streitgespräch zwischen Verfassungsrechtlern Ossenbühl und Denninger

Berlin (ots)

Das von der Bundesregierung geplante
Atomausstiegsgesetz ist nach Auffassung des Bonner
Verfassungsjuristen Professor Fritz Ossenbühl äußerst problematisch.
Ossenbühl und der Frankfurter Verfassungsrechtler Professor Erhard
Denninger führten heute in Berlin während einer
Diskussionsveranstaltung des Deutschen Atomforums ein Streitgespräch
zum Thema "Rechtsprobleme eines Ausstiegs aus der Kernenergie". Dabei
erklärte der Rechtsexperte Ossenbühl, dass ein Ausstiegsgesetz zwar
eine sogenannte Legalenteignung (Enteignung kraft Gesetzes)
darstellen würde, aber damit zugleich eine Vielzahl weiterer
Rechtsfragen aufgeworfen werde. Das Verfassungsrecht besagt, dass
Legalenteignungen nur dann zulässig sind, wenn sie durch dringende
Gründe des Gemeinwohls gefordert werden. Der Rechtsgelehrte hierzu:
"Solche Gründe sind angesichts eines zunehmenden Sicherheitsstandards
deutscher Kernkraftwerke nicht erkennbar." Ossenbühl wies darauf hin,
dass Enteignungsgesetze "nur dann verfassungsgemäß sind, wenn sie
eine Regelung über die Entschädigung für den erlittenen Wertverlust
enthalten".
Bei der geplanten Stilllegung von 19 deutschen Kernkraftwerken
könne nicht kurzerhand die Inhaltsbestimmung des Eigentums umgedeutet
werden, stellte Professor Ossenbühl fest: "Eine solche
Inhaltsbestimmung scheidet schon deswegen aus, weil in der
Ausstiegsanordnung keine abstrakte Neuordnung des Eigentums erkennbar
ist."
Zu der Laufzeitbegrenzung der Atomkraftwerke erklärte Ossenbühl,
dass diese "sowohl durch Gesetz wie auch durch einen Konsens zwischen
Bundesregierung und Betreibern geregelt werden" könne. Würde die
Gesetzeslösung gewählt werden, so wäre eine "Zustimmung des
Bundesrates unumgänglich".
Professor Erhard Denninger hingegen vertrat die These, dass "eine
Befristungsregelung, allerdings verbunden mit der generellen
Entscheidung über die Beendigung der Kernenergienutzung, nicht als
sogenannte. Legalenteignung anzusehen ist, sondern als eine Inhalts-
und Schrankenbestimmung des Eigentums". Denninger forderte: "Die
grundsätzliche Ausstiegsentscheidung und alle damit zusammenhängenden
wesentlichen Rahmenbedingungen für die Beendigung der gegenwärtig
existierenden Kernkraft-Stromerzeugung können keinesfalls allein
einem Konsens zwischen Regierung und Kraftwerksbetreibern überlassen
bleiben." Ein "förmliches Parlamentsgesetz ist von Verfassungswegen
nicht nur möglich, sondern sogar geboten", betonte er. Dieses
Ausstiegsgesetz müsse drei Kernelemente enthalten:
1. Die jetzt in Paragraph 1 Nr. 1 Atomgesetz genannte
Zweckbestimmung - Entwicklung und Nutzung der Kernenergie zu
friedlichen Zwecken - muss zugunsten der sicheren und geordneten
Beendigung der großtechnischen Nutzung fallen. Eine
Forschungstätigkeit, auch zu Fragen der Reaktorsicherheitstechnik,
sollte weiterhin möglich sein.
2. Neue Genehmigungen für Kernkraftwerke zur Stromerzeugung wird
es nicht mehr geben.
3. Für die in Betrieb befindlichen Kraftwerke muss eine
grundrechtswahrende Beendigungsregelung getroffen werden.
Die Entscheidung über die Kernenergienutzung betreffe nicht nur
die Kraftwerksunternehmer und ihre Grundrechte, sondern die
Gesamtheit der Bürger und deren Grundrechte. Denninger: "Wenn deshalb
ein Parlamentsgesetz erforderlich ist, so schließt dies ergänzende
konsensuale Regelungen über Einzelheiten des Ausstiegs nicht aus."
Kontakt
Clemens Range
Tel.: 0 30/28 88 05-21; www.atomforum.de

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  • 21.02.2000 – 20:10

    Unzulängliche Dokumentation ohne Einfluss auf sicheren Betrieb

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