Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
Am Gemeinwohl orientierte Vermieter: Land muss Zentralstellen für Wohngeldauszahlung schaffen
VNW-Direktor Andreas Breitner:
- Experten erwarten Verdreifachung der Zahl der Anspruchsberechtigten. Monatelange Verzögerungen drohen. Land muss "pragmatische Verwaltungsstrukturen" schaffen.
- Nach dem Vorbild von Hamburg sollte vorübergehend in jedem Landkreis und Rostock jeweils eine Zentralstelle geschaffen werden, die sich um Bearbeitung und Auszahlung des Wohngeldes kümmert.
- Um genügend Personal zu bekommen, sollten gezielt pensionierte Beamtinnen und Beamten angesprochen werden.
147/2022
Schwerin. Die am Gemeinwohl orientierten Vermieter haben die Schweriner Landesregierung aufgefordert, bei der Bewältigung der Wohngeldreform neue Wege zu gehen.
„Gegenwärtig gebe es im Land 121 Wohngeldstellen, die neben ihrer normalen Arbeit den Ansturm der neuen Wohngeldberechtigten bewältigen sollen“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). „Die Landesregierung selbst erwartet mit künftig rund 76.000 Anspruchsberechtigten mehr als eine Verdreifachung der Haushalte, die mit Beginn des neuen Jahres Anspruch auf Wohngeld haben.“
Experten warnen davor, dass viele Anspruchsberechtigte mehrere Monate auf das ihnen zustehende Geld warten müssen, weil die einzelnen Wohngeldstellen überlastet sind. Wie es heißt, sind viele Kommunen derzeit nicht in der Lage, ausgeschriebene Stellen in den Wohngeldstellen zu besetzen. „Das ist Chaos mit Ansage“, sagt Andreas Breitner. „Gerade im Januar und Februar, in denen finanzschwache Haushalte wegen gestiegener Heizkosten mehr Geld benötigen, werden sie es nicht erhalten.“
Die Schweriner Landesregierung müsse für einen begrenzten Zeitraum „pragmatische Verwaltungsstrukturen“ schaffen, um den ersten Ansturm zu bewältigen, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Dazu lohnt der Blick nach Hamburg. Dort hat der Senat den sieben Bezirken die Aufgabe abgenommen, 100 Stellen in einer neu eingerichteten Zentralstelle geschaffen und die Einstellungsverfahren selbst durchgeführt.“
Seit Oktober arbeiteten in einer Zentralstelle nun rund 100 Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, so VNW-Direktor Andreas Breitner. Diese seien in zwei Gruppen eingeteilt worden. „Eine Gruppe digitalisiert ausschließlich die eingehenden Anträge, die andere Gruppe kümmert sich nur um die Auszahlung. Das Bundesland kann damit sicherstellen, dass viele Wohngeldberechtigte die staatliche Unterstützung zeitnah erhalten.“
Gezielt pensionierte Beamtinnen und Beamte ansprechen
Ähnliches könnte in Mecklenburg-Vorpommern geschaffen, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Sinnvoll wäre es, vorübergehend in jedem der sechs Landkreise und Rostock eine derartige Zentralstelle zu schaffen. Um genügend Personal zu bekommen, sollten gezielt pensionierte Beamtinnen und Beamten angesprochen werden. Sollte das nicht ausreichen, könnten Hilfsorganisationen und – wie bei Corona – die Bundeswehr um personelle Unterstützung gebeten werden.“
Das Wohngeld sei ein wichtiges Instrument zur Bewältigung der existentiellen Krise, in die die galoppierenden Energiekosten unzählige Menschen stürzen, sagt Andreas Breitner. „Auf die Wohngeldauszahlung kommt es jetzt an und nicht erst in ein paar Monaten. Die Energiekrise und deren Kosten sind kein politisches Spiel, sondern für viele Menschen bittere Realität.“
„Mein Eindruck ist, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Landesregierung sich aus der Verantwortung stiehlt und die Umsetzung der Wohngeldreform allein den bereits mit der Grundsteuerreform belasteten Kommunen überlässt. Es reicht aber nicht, in Sonntagsreden von sozialer Teilhabe zu sprechen und unter der Woche die Menschen im Regen stehen zu lassen.“
Wohngeldreform ist lange bekannt
Den Menschen würden keine Überforderungs- und Überlastungsanzeigen aus den Amtsstuben helfen, „sondern nur Anpacken und Lösungen entwickeln. Wir erwarten schlicht mehr Anstrengungen. Die Wohngeldreform ist lange bekannt, da hätte das Land sich flexibler drauf einstellen können. Ein „Weiter so“ in den gewohnten Strukturen wird der Bedeutung des Wohngeldes in der Krise nicht gereicht. Wer Wohngeld beantragt, der braucht es auch. Und zwar sofort. Wenn er es nicht erhält, steht er vor dem Nichts.“
VNW-Direktor Andreas Breitner warnt die Landesregierung davor, die Wohnungsunternehmen mit den Sorgen und Problemen ihrer Mieterinnen und Mieter allein zu lassen. „Unsere Mitgliedsunternehmen haben versprochen, dass niemand seine Wohnung verliert, wenn die Heizkostenrechnung nicht bezahlt werden kann. Zudem ist es sinnvoll, dass die Menschen bei Problemen frühzeitig das Gespräch mit ihrem Vermieter suchen. Das bedeutet aber nicht, dass der Staat frühzeitig ohne Ehrgeiz und Ambition quasi reflexartig die Segel streicht und die am Gemeinwohl orientierten Vermieter mit den existentiellen Sorgen ihrer Mieterinnen und Mieter im Stich lässt.“
11/12/2022
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 406 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 686.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,26 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de