Braucht Ihre Unternehmensführung mehr Autorität?
Braucht Ihre Unternehmensführung mehr Autorität?
von Frank Plümer, PLÜCOM TRAINING
Autoritärer Führungsstil in der Kostenkrise – temporär gerechtfertigt, auf Dauer eine Belastung
In Zeiten wachsender wirtschaftlicher Unsicherheiten und steigenden Kostendrucks erlebt der Führungsstil eine neue Debatte: Immer mehr Unternehmen suchen nach mehr Effizienz, strafferen Hierarchien und einem stärker direktiven Führungsansatz – zumindest kurzfristig.
Doch welche Vorteile und Risiken bietet ein autoritärer Führungsstil, und wie kann er situativ sinnvoll in mittelständischen Unternehmen eingesetzt werden?
Aktueller Kontext und das Bedürfnis nach klaren Strukturen
Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen ist geprägt von einer Kostenkrise, die in verschiedenen Branchen – etwa in der Automobilindustrie, im Dienstleistungs- und im Logistiksektor – bereits zu erheblichen Personalabbau-Maßnahmen geführt hat. Beispiele wie die angekündigten Entlassungen bei der Deutschen Post oder bei Automobil-Zulieferern zeigen, dass Unternehmen verstärkt auf Maßnahmen setzen, um ihre Kostenstrukturen zu straffen.
Eine Studie von Next Work Innovation (Sommer 2024) belegt, dass 78 Prozent der befragten Führungskräfte in unsicheren Zeiten den Bedarf an einer stärker autoritären Führung sehen – wobei sich nur 42 Prozent der Mitarbeitenden tatsächlich eine strikte Führung wünschen. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass in Krisenzeiten Klarheit und strukturierte Vorgaben einerseits gewünscht, andererseits aber exzessive Kontrolle und Micromanagement abgelehnt werden.
Potenziale eines autoritären Führungsstils
Effizienzsteigerung in Transformationsphasen
Ein klassischer Vorteil autoritärer Führung liegt in der Reduzierung von Entscheidungswegen und der schnellen Übernahme von Verantwortung durch einzelne Führungskräfte. Wenn es brennt, ist es unerlässlich, dass Entscheidungen ohne langwierige Diskussionen getroffen werden. Laut einer McKinsey-Studie (2023) fokussieren 52 Prozent der Unternehmen, die sich in Umstrukturierungen befinden, vornehmlich auf Effizienzsteigerung – weniger auf Innovationsprozesse.
Struktur und Verlässlichkeit
In einem Umfeld, in dem Komplexität und Unsicherheit vorherrschen, suchen Mitarbeitende häufig nach stabilen Rahmenbedingungen. Autoritäre Führung kann in diesen Momenten dazu beitragen, dass klare Vorgaben und Richtungsweisungen etabliert werden.
Damit entsteht ein Gefühl von Verlässlichkeit – sofern die Geschäftsführung und Bereichsleitende jedoch darauf achten, dass nicht in ein Micromanagement verfallen wird. Studien, wie sie etwa das Harvard Business Review aufgezeigt hat, belegen, dass eine strukturierte und klar hierarchisch organisierte Führung Fehlerraten um bis zu 24 Prozent senken kann. Dies ist ein Hinweis darauf, dass klare und direkte Anweisungen in Krisensituationen durchaus positive Effekte erzielen können.
Risiken und langfristige Herausforderungen
Die Kehrseiten: Rückgängige Mitarbeiterbindung und Innovationskraft
Obwohl autoritäre Führung kurzfristig Effizienz und Struktur schafft, zeigen Untersuchungen – unter anderem die Gallup-Studie „State of the Global Workplace“ (2023) –, dass fast 62 Prozent der Beschäftigten in autoritär geführten Unternehmen eine geringere emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber verspüren. Dies führt zu erhöhten Fluktuationsraten, Know-how-Verlusten und letztlich zu höheren Rekrutierungs- und Gehaltskosten.
Ein weiterer kritischer Punkt: Ein Führungsstil, der ausschließlich auf klare Ansagen und Kontrolle setzt, kann die Eigeninitiative und Kreativität der Mitarbeitenden hemmen. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre Erfahrung und Meinung nicht gefragt sind, sinkt ihre Bereitschaft, aktiv zum Unternehmenserfolg beizutragen. Im schlimmsten Fall resultiert dies in einer „Dienst nach Vorschrift“-Mentalität oder sogar in der Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen.
Gefahr der Dauerlösung
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass eine autoritäre Führung als Übergangslösung genutzt wird – jedoch versäumt wird, den Wechsel zu einem integrativen, partizipativen Führungsstil einzuleiten, sobald sich die Krisensituation stabilisiert hat. Viele Führungskräfte, insbesondere solche, die in Notlagen interimistisch als Sanierer oder Konsolidierer eingesetzt werden, verharren zu lange in ihrem autoritären Modus.
Der situative Führungsansatz als nachhaltige Lösung
Die Schlussfolgerung aus den dargestellten Vor- und Nachteilen ist, dass es nicht darum geht, autoritäre Führung grundsätzlich zu verteufeln – sondern darum, sie situativ einzusetzen. Ein autoritärer Führungsstil kann in Krisenzeiten und bei dringenden Transformationsprozessen ein effektives Instrument sein, um kurzfristig Kosten zu senken und Restrukturierungsmaßnahmen durchzusetzen, die die Zukunft des Unternehmen sichern.
Entscheidend ist jedoch, dass dieser Stil befristet eingesetzt und rechtzeitig durch einen partizipativen, situativen Führungsansatz abgelöst wird. Die Fähigkeit, zwischen einem direktiven und einem integrativen Führungsstil flexibel zu wechseln, stellt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar – und betrifft nicht nur das Top-Management, sondern insbesondere auch das Mittelmanagement.
Empfohlene Maßnahmen für mittelständische Unternehmen
- Klar definierte Übergangsmodelle: Setzen Sie autoritäre Führung ausschließlich als zeitlich befristete Maßnahme ein, etwa in Form von Interimslösungen in der Konsolidierungsphase.
- Gezielte Kommunikation: Vermitteln Sie den Mitarbeitenden, warum in der aktuellen Situation klare Ansagen notwendig sind und welche Ziele damit verfolgt werden. Klare Kommunikation verhindert Frustration und fördert das Verständnis für vorübergehende Strukturen.
- Frühzeitige Rückkehr zur Partizipation: Legen Sie bereits im Vorfeld fest, wann und wie der Führungsstil wieder an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst wird, um Eigeninitiative und Kreativität zu fördern.
- Kontinuierliche Weiterbildung: Investieren Sie in die Ausbildung Ihrer Führungskräfte, damit diese situativ zwischen direktiven und integrativen Ansätzen wechseln können. Dadurch wird auch sichergestellt, dass die Führungskräfte den Wandel aktiv begleiten und als Multiplikatoren wirken.
Fazit
Der Einsatz eines autoritären Führungsstils in Krisenzeiten und Umstrukturierungsphasen kann kurzfristig zu mehr Effizienz, klaren Entscheidungswegen und einer stabilisierenden Struktur führen. Dennoch zeigt die Praxis, dass dieser Führungsansatz zahlreiche Risiken birgt – angefangen bei einer reduzierten emotionalen Bindung der Mitarbeitenden bis hin zu langfristigen Innovationshemmnissen und höheren Fluktuationsraten.
Für mittelständische Unternehmen, die sich in schwierigen Zeiten behaupten und gleichzeitig den Grundstein für künftiges Wachstum legen wollen, ist es daher entscheidend, den Führungsstil situativ einzusetzen. Der Schlüssel liegt im rechtzeitigen Umschalten von einem autoritären zu einem partizipativen Führungsansatz – unterstützt durch transparente Kommunikation, klare Übergangsmodelle und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Führungskräfte.
Eine situative Führung, die sowohl die Effizienz in Krisenzeiten als auch die langfristige Mitarbeiterbindung und Innovationskraft in den Fokus stellt, bildet so einen zentralen Erfolgsfaktor für nachhaltige Unternehmenserfolge. Geschäftsführer und Personalverantwortliche mittelständischer Unternehmen sollten diesen Ansatz als strategisches Instrument nutzen, um den Herausforderungen der aktuellen Wirtschaftslage erfolgreich zu begegnen und die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen zu sichern.
Über PLÜCOM TRAINING
PLÜCOM TRAINING (https://pluecom.training) ist Ihr Partner für Führungskräfteentwicklung und strategische Beratung im Mittelstand, insbesondere in den Bereichen Technologie, Energie und Produktion. Unsere praxisnahen Trainings und Coachings stärken Führungskräfte in Kommunikation, Feedbackkultur und emotionaler Intelligenz. Wir fördern eine werteorientierte Führungskultur, die Mitarbeitende motiviert, Teams stärkt und nachhaltige Ergebnisse liefert.
In Veränderungsprojekten begleiten wir Sie strategisch und sorgen mit gezielter Beratung sowie klarer Kommunikation nach Innen und Außen für eine erfolgreiche Umsetzung – für langfristigen Unternehmenserfolg. Unsere Trainings und Beratung sind ein effektives Kostensenkungsprogramm: Weniger Fluktuation, niedrigere Krankenstände und reduzierte Rekrutierungskosten bei gleichzeitig gesteigerter Produktivität.
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