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Hessen und Niedersachsen wollen europäisches Naturschutzrecht schleifen

Berlin (ots)

Bundesratsinitiative der CDU-Länder bedroht
Glaubwürdigkeit der Biodiversitäts-Strategie der Bundesregierung - 
Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus starten Ministerpräsidenten
Koch und Wulff Großangriff auf FFH- und Vogelschutzrichtlinie - 
Deutsche Umwelthilfe: "Koch will Autobahnen bauen, nicht Vielfalt 
schützen"
06. November 2007: Am morgigen Mittwoch verabschiedet das 
Bundeskabinett - voraussichtlich mit den Stimmen ihrer Unionsminister
- die lange vorbereitete nationale Strategie zur biologischen 
Vielfalt. Im Vorfeld der UN-Naturschutzkonferenz, die mit Deutschland
als Gastgeber im Mai 2008 in Bonn stattfindet, will sich die 
Bundesregierung als Musterschüler beim Schutz der natürlichen 
Vielfalt präsentieren. Zwei Tage später, am kommenden Freitag, setzt 
das Land Hessen im Bundesrat mit Unterstützung Niedersachsens und 
möglicherweise auch Nordrhein-Westfalens seinen Feldzug gegen die 
wichtigsten Säulen des europäischen Naturschutzrechts fort. Unter dem
Deckmantel der Entbürokratisierung fordern die unionsregierten Länder
die Bundesregierung auf, in Brüssel für die Weiterentwicklung, 
Zusammenfassung und Modernisierung der so genannten 
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie zu
streiten. Dabei geht es im Kern nicht darum, das europäische 
Naturschutzrecht zu evaluieren und zukunftsfähig auszugestalten (wie 
es im Titel des Entschließungsantrags heißt). Vielmehr sollen die in 
den beiden Richtlinien erreichten Standards geschleift werden.
"Auf Dauer wird diese Doppelstrategie Deutschlands nicht 
funktionieren: Die Bundesregierung macht auf internationaler Bühne 
´bella figura´ und gleichzeitig sägen die Bundesländer an den Säulen 
des EU-Naturschutzrechtes", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer 
Baake. Weder die Bundeskanzlerin noch der Bundesumweltminister 
könnten eine derart widersprüchliche Positionierung Deutschlands auf 
EU-Ebene zulassen. "Gerade im Vorfeld der Vertragsstaatenkonferenz 
zur biologischen Vielfalt in Bonn muss sich Deutschland ohne Wenn und
Aber für den Erhalt der Artenvielfalt einsetzen, wenn sie dort 
glaubwürdig verhandeln will."
Die Behauptung der Ministerpräsidenten Koch und Wulff, es gehe bei
der Zusammenlegungs-Initiative darum, den "doppelten Zeit- und 
Kostenaufwand" bei der Umsetzung der Naturschutzrichtlinien zu 
beenden, nannte Baake "durchsichtig". Das mit großen Widerständen aus
vielen Bundesländern belastete FFH-Meldeverfahren zur Ausweisung von 
geschützten Flächen sei nach Jahren zäher Auseinandersetzungen (bis 
hin zu Zwangsgeldverfahren gegen Deutschland) soeben überstanden. 
Ausgerechnet jetzt auf EU-Ebene die Zusammenlegung der beiden 
Richtlinien anzuzetteln, werde lediglich "eine neue quälende Runde 
der Auseinandersetzung auslösen. Das Ergebnis wäre das Gegenteil von 
Bürokratieabbau."
Im Übrigen liefe die Initiative auf einen massiven Abbau der 
erreichten Schutzstandards hinaus. Die Forderung der 
Ministerpräsidenten beispielsweise, Vogelschutzgebiete in einem 
Verfahren zwischen Mitgliedstaaten und Kommission abschließend zu 
definieren, würde dem effektiven Schutz von Vögeln, die keine 
Rücksicht auf Gebietsgrenzen nehmen, nicht gerecht. Auch die darüber 
hinaus verlangte Ausweitung des Vertragsnaturschutzes trage einem 
"juristischen Schutzstatus" von Vogelschutzgebieten, den der 
Europäische Gerichtshof bereits mehrfach von den Mitgliedstaaten 
eingefordert habe, nicht Rechnung. Nicht zuletzt liefe die 
vorgeschlagene Beschränkung der Verträglichkeitsprüfung auf 
UVP-pflichtige Vorhaben auf eine Abschwächung des Instrumentes 
hinaus, da viele kleine Vorhaben dann keiner Verträglichkeitsprüfung 
mehr bedürften. Worum es wirklich gehe, habe Ministerpräsident Koch 
erst vor einer Woche nach einer Kabinettssitzung im nordhessischen 
Spangenberg mit kaum zu überbietender Deutlichkeit öffentlich 
erläutert. "Auch in Nordhessen", sagte der Ministerpräsident, be- und
verhinderten die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie in 
ihrer jetzigen Fassung zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen. Als 
Beispiele nannte er Bauvorhaben an den Autobahnen A44, A49 und A4. 
"Koch will Autobahnen bauen und nicht Vielfalt schützen. Diesem 
bedingungslosen Wachstumsdenken aus den siebziger Jahren des 
vergangenen Jahrhunderts muss sich die Bundesregierung widersetzen, 
wenn sie international erfolgreich für die Artenvielfalt streiten 
will", schloss Baake.

Pressekontakt:

Für Rückfragen:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: Mobil.: 0151 55 01 69 43, E-Mail: baake@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Öffentlichkeitsarbeit,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030
258986-19, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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