Deutsche Umwelthilfe kritisiert beschlossenes Naturschutzgesetz als zu schwach
Berlin (ots)
Biotopverbund soll erst 2027 realisiert werden - Meeresschutzgebiete weiter Nutzerinteressen ausgeliefert - Meeresschutzpolitik verkommt zum Lippenbekenntnis - Bundesrat und Bundestag sind aufgefordert, Naturschutzgesetz nachzubessern
Die Bundesregierung hat heute (8.2.2017) die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) beschlossen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass im Laufe der Abstimmung mit dem Forschungs- und Landwirtschaftsressort zu viele Zugeständnisse zu Lasten des Naturschutzes gemacht worden sind. Die vorgesehene Meeresschutzpolitik steht im Widerspruch zu den von der Bundeskanzlerin gemachten Bekenntnissen auf der internationalen Bühne. Dass die Bundesländer den Biotopverbund von 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes erst 2027 umsetzen müssen, konterkariert die eigenen Zielvorgaben der von der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt. Die DUH fordert Bundesrat und Bundestag auf, die Defizite nachzubessern.
Die Gesetzesänderung war erforderlich, weil die Bundesregierung es bei der letzten Novelle versäumt hatte, die europäische Meeres-Strategie-Rahmen-Richtlinie (MSRL) in der nationalen Gesetzgebung zu beachten. Dies führte dazu, dass das bei der nun beschlossenen Novellierung federführende Bundesumweltministerium (BMUB) zu einer Reihe von Kompromissen gezwungen wurde, die schmerzhaft sind für den Naturschutz. Der heutige Beschluss kommt zum letztmöglichen Zeitpunkt, um ein Inkrafttreten noch in dieser Legislaturperiode zu erreichen. "Die Beschlüsse zum Meeresschutz und zum Biotopverbund zeigen deutlich, wie sehr der zeitliche Druck des Bundesumweltministeriums, die Novelle noch in dieser Legislatur zu verabschieden, von anderen Ressorts der Bundesregierung ausgenutzt worden ist", beklagt Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz bei der DUH.
Die Frist für die Länder zur Umsetzung des bereits 2002 gesetzlich eingeführten Biotopverbunds wurde auf 2027 festgelegt. Aus Sicht der DUH ist dieses Zugeständnis ein Zeichen für das Scheitern der Naturschutzpolitik in den zuständigen Ländern. "Wenn die Bundesländer ein Vierteljahrhundert benötigen, um die Vorschrift zum Biotopverbund umzusetzen, und 20 Jahre bekommen, um die Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt zu realisieren, läuft etwas gewaltig schief", sagt Stöcker. Dass die Umsetzung so viel Zeit in Anspruch nehme sei die Konsequenz der fatalen Einsparungen in den Naturschutzverwaltungen der Länder. Die gesetzte Frist manifestiere die Vollzugsdefizite der vergangenen Jahre und konterkariere die eigenen Zielvorgaben der von der Bundesregierung beschlossenen Strategie.
Die DUH kritisiert außerdem, dass Verordnungen des Bundesumweltministeriums zur Ausweisung von Meeresschutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee nur im Einvernehmen mit den anderen Ressorts erlassen werden können. Im Gegensatz dazu muss bei der Genehmigung von Offshore-Windparks das Bundesamt für Naturschutz nur als Benehmensbehörde für die Belange des Arten- und Lebensraumschutzes angehört werden - ohne dass es auf seine Zustimmung ankommt. "Damit steht der in Artikel 20 a des Grundgesetzes als Staatsziel herausgehobene Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlage klar hinter den Interessen etwa einer unbegrenzten Freizeitfischerei und einer schrankenlosen Forschung zurück. Die Regelung zur AWZ verdeutlicht das Versagen der gesamten Bundesregierung in der nationalen Meeresschutzpolitik. Sie ist ein Armutszeugnis für die Bundeskanzlerin und steht im Widerspruch zu all ihren Lippenbekenntnissen auf internationaler Ebene zur Bedeutung des Meeresschutzes", sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die DUH fordert den Bundesrat und die Bundestagsabgeordneten auf, ihre Mitverantwortung für die natürlichen Lebensgrundlagen wahrzunehmen und diese beiden Schwächungen nicht hinzunehmen, sondern stattdessen verantwortungsbewusste Regelungen vorzunehmen.
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